Kein Aufatmen für die Schweizerische Nationalbank (SNB): Kaum entspannt sich der Druck vonseiten des Euro auf den Franken, schwächelt der US-Dollar. So oder so scheinen Zinserhöhungen nach wie vor in der Ferne zu liegen. Experten rechnen frühestens 2019 mit einem Zinsschritt.
Die SNB bestätigte am Donnerstag ein weiteres Mal ihren geldpolitischen Kurs. Dieser sieht vor, mit Negativzinsen und Deviseninterventionen gegen die Aufwertung des Frankens zu kämpfen.
So verlangt die Nationalbank von Banken unverändert 0,75 Prozent Negativzinsen für Sichteinlagen über einem bestimmten Freibetrag. Das Zielband für den Dreimonats-Libor belassen die Währungshüter zwischen -1,25 und -0,25 Prozent. Bei Bedarf zeigen sie sich weiterhin bereit, im Devisenmarkt einzugreifen.
Zu dieser Massnahme griff die SNB etwa letztes Jahr vor den Wahlen in Frankreich, die wegen der politischen Unsicherheiten den Euro gegenüber der Schweizer Währung schwächeln liessen. Seither jedoch entspannte sich die Situation gegenüber dem Euro deutlich. Dazu trug insbesondere der Wirtschaftsaufschwung in der Eurozone bei. Heute steht der Euro-Wechselkurs mit knapp 1.17 Franken rund 10 Rappen über dem Kurs von vor den Wahlen vor einem Jahr.
Doch nun gerät der Franken an einer anderen Front unter Aufwertungsdruck: Der US-Dollar hat sich gegenüber dem Franken abgeschwächt. Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten protektionistischen Massnahmen in Form von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte belasteten die Währung.
Das bleibt nicht ohne Folgen für die Schweiz: So rechnet die SNB aufgrund des etwas stärkeren Frankens mit einer tieferen Teuerung als bisher. Für das laufende Jahr erwartet sie eine Teuerung von 0,6 Prozent, im letzten Quartal ging sie noch von 0,7 Prozent aus.
Für 2019 erwartet sie eine Inflation von 0,9 Prozent, verglichen mit der Erwartung von 1,1 Prozent im Vorquartal. Die Prognose beruht auf der Annahme, dass der Dreimonats-Libor über den gesamten Prognosezeitraum bei -0,75 Prozent bleibt.
Die Aufwertung des Frankens gegenüber dem Greenback sei den Währungshütern ein Dorn im Auge, kommentierte VP-Bank-Chefökonom Thomas Gitzel in einer Mitteilung. Trotz schwungvoller Wirtschaft und Inflationsraten wieder im klar positiven Bereich könne von Freudentaumel bei der SNB keine Rede sein.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) sieht auch den Franken-Euro-Kurs weiterhin weit vom Ideal entfernt. Schätzungen mit verschiedenen Modellen zeigten, dass der faire Franken-Euro-Kurs im Bereich von 1.25 bis 1.35 Franken liege.
Das führe unter anderem dazu, dass die konjunkturelle Erholung im Ausland tendenziell stärker ausfallen dürfte als in der Schweiz, schreibt der SGB in einer Mitteilung. Es drohe die Gefahr, dass viele Firmen weniger in der Schweiz und mehr im Ausland investierten.
Experten rechnen damit, dass die SNB ihre Geldpolitik vorerst so weiterführen wird wie bislang. Spielraum für Zinserhöhungen würden sich erst dann ergeben, wenn die EZB vorausgehe. Diese strafft ihre Geldpolitik trotz anziehender Konjunktur nur in Trippelschritten. Erste Zinserhöhungen erwarten die meisten Experten von der EZB erst Mitte 2019.
Da der Franken als stabiler als der Euro gilt und als sicherer Hafen, sind Franken-Anlagen für Investoren attraktiver. Die SNB muss daher sicherstellen, dass Euro-Anlagen mehr Zins abwerfen, will sie eine Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro vermeiden. Deswegen wird sie die Zinsen wohl nicht vor der EZB erhöhen.
Eine Zinserhöhung der SNB könne frühestens zum Jahresende 2019 ein Thema werden, schreibt Gitzel von der VP Bank. Darauf deuten auch die Inflationsprognosen der SNB hin. Erst 2020 soll die Teuerung auf einen Wert von 1,9 Prozent anziehen, womit ein Handeln der SNB angezeigt wäre.
Denn die SNB sieht die Preisstabilität dann gegeben, wenn die Inflation «weniger als 2 Prozent pro Jahr» beträgt. Die Nationalbank hat den Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. (sda)