Leben
Blogs

Okay, ich hab das mit diesem Dry January jetzt auch mal versucht ...

Bild
bild: shutterstock
Rund um Gsund

Okay, ich hab das mit diesem Dry January jetzt auch mal versucht ...

Alkohol ist ein Genussmittel, predige ich jeweils meinen beiden Teenagern. Und Genuss ist der einzige Grund, ihn zu konsumieren. Dabei merkte ich je länger je mehr, dass ich mich nicht an meine eigenen Regeln hielt. Das musste sich ändern. Der beste Kickoff dafür: Dry January.
27.01.2023, 08:55
Sandra Casalini
Sandra Casalini
Folge mir
Mehr «Leben»

Ein Cüpli zum Apéro, ein Glas Wein zum Essen, ein Drink mit Freunden. Alles super. Solange man's nicht trinkt, weil man denkt, man muss, sage ich meinen Kindern, die beide legal Alkohol trinken dürfen. Und: Es gibt auch sonst eine ganze Menge falscher Gründe, Alkohol zu konsumieren. Langeweile. Gewohnheit. Stress. Frust. Dabei merkte ich immer öfter, dass ich immer wieder mal genau aus diesen Gründen zum Glas griff. Nicht täglich, und nicht literweise. Trotzdem: Ich predigte hier im wahrsten Sinne des Wortes Wasser und trank Wein. Das musste sich ändern. Und ich dachte: Wennschon, dennschon. Ich starte mit einem Totalverzicht: Dry January.

Kein Alkohol, mehr Kalorien

Ich muss gestehen, auch wenn mein hauptsächliches Ziel war, mir meines Alkoholkonsums bewusster zu werden, setzte ich doch ein paar heimliche Hoffnungen in diesen Dry January. Schliesslich müsste ich mich doch durch den Verzicht auf die Giftstoffe irgendwie besser fühlen, vielleicht sogar bessere Haut bekommen. Und zwei, drei Kilo abnehmen. Das diente mir als zusätzlichen Ansporn.

Nun, das war Wunschdenken. Körperlich gesehen merkte ich absolut null Unterschied. Was vermutlich daran lag, dass ich öfter als sonst in Chipstüten und Co. griff, total ohne schlechtes Gewissen, weil ich ja auf die Alkoholkalorien verzichtete. Und an den Ersatzdrogen. Ich leerte nämlich mit Begeisterung die Gestelle mit alkoholfreien Drinks beim Detailhändler meines Vertrauens. Bier mag ich eh nicht, ob mit oder ohne Alkohol, und auf Wein ohne Alkohol kann ich getrost verzichten. Leider fand ich den einen oder anderen «trockenen» Drink, den ich richtig geil fand. Und wie das so ist im Leben, enthalten genau diese Unmengen an Zucker. Eine Dose alkfreier Gin & Tonic hat fast so viele Kalorien wie eine ganze Flasche Weisswein! Doof.

Triumph auf der ganzen Linie! Bis ich diesen Traum hatte. Ich schwebte in einer Seilbahn über einer Apérogesellschaft. Alle tranken Wein und ich klebte sozusagen hechelnd an der Seilbahnscheibe.

Wobei Ersatzdrogen das falsche Wort ist. Ich vermisste nämlich gar nichts. Jedenfalls die ersten zwei Wochen. Klar war's etwas doof, beim Essen mit Freunden mit einem Glas Wasser anzustossen. Aber ganz nach Kate Moss’ berühmtem Bonmot «Nichts schmeckt so gut, wie Schlanksein sich anfühlt», kann ich sagen: Nichts schmeckt so gut, wie Willensstärke sich anfühlt. Triumph auf der ganzen Linie!

Bis ich diesen Traum hatte. Ich schwebte in einer Seilbahn über einer Apérogesellschaft. Alle tranken Wein und ich klebte sozusagen hechelnd an der Seilbahnscheibe. Nach dem Aufwachen schüttelte ich lachend den Kopf. Und dachte dann den ganzen Tag an diesen Traum. Am Abend, ich war allein zu Hause, öffnete ich bestimmt ein Dutzend Mal den Weinkühlschrank. Um mir dann zu sagen: «Wenn ich diesen verdammten Dry January breche, dann ganz sicher nicht allein zu Hause.» Und liess es sein.

Experiment abgebrochen, Ziel erreicht

Leider war das Hirngespinst am nächsten Tag nicht verschwunden. Ich hatte zum Znacht abgemacht. «Wohin willst du?», textete mein Freund. «Mir egal. Ich will Wein», schrieb ich zurück. Nun, er war nicht wirklich hilfreich, was die Einhaltung meines Dry-January-Vorsatzes angeht. Aber was habe ich dieses erste Glas Wein genossen. Und das zweite auch.

Entgegen meiner Befürchtung fühlte ich mich am nächsten Tag nicht wie die grösste Versagerin der Welt. Schliesslich hatte ich aus dem einzig akzeptablen Grund getrunken: purer Genuss. Und entgegen meiner zweiten Befürchtung hatte ich überhaupt nicht das Bedürfnis, dies am nächsten Abend zu wiederholen. Ich hatte null Probleme, die nächsten Tage wieder auf Alkohol zu verzichten.

Trotzdem beschloss ich, das Experiment Dry January abzubrechen, und mich stattdessen vor jedem Drink zu fragen: Geniesse ich den jetzt? Oder trinke ich aus einem anderen Grund? Ich verzichte dafür wieder auf Chips und alkoholfreie Gin & Tonics. Und ich habe keine Seilbahnträume mehr. Und: Seit meinem offiziellen Abbruch hatte ich ein einziges Glas Wein. Ziel erreicht, würde ich sagen – auch wenn ich den Dry January nicht ganz durchgezogen habe.

Wie sieht's bei euch aus? Habt ihr Erfahrungen mit dem Dry January? Ich freue mich darauf in der Kommentarspalte.

Sandra Casalini, bei sich zu Hause in Thalwil, am 04.12.2018, Foto Lucian Hunziker
bild: Lucia Hunziker

Über die Autorin:

Sandra Casalini schreibt über mehr oder weniger alle und alles, was ihr über den Weg läuft – immer gnadenlos ehrlich und mit viel Selbstironie. Genau so geht sie auch den Blog «Rund um Gsund» an, der ab sofort alle zwei Wochen auf watson erscheinen wird. Bei dem Thema Gesundheit verhält es sich bei Sandra gleich wie mit der Kindererziehung: Sie ist keine Expertin, aber kommt mit beidem irgendwie klar. Manchmal mit Hilfe, manchmal ohne.

Casalinis Texte erscheinen regelmässig im Elternmagazin «Fritz und Fränzi» und der «Schweizer Illustrierten». Bei der SI gewährt sie zudem wöchentlich Einblick in ihr Leben mit pubertierenden Kids im Blog «Der ganz normale Wahnsinn».

Crazy! Diese menschenähnlichen Roboter werden in Massen produziert

Video: watson/een

Wenn Essen Angst macht – 14 sehr spezifische Food-Phobien

1 / 15
Wenn Essen Angst macht – 14 sehr spezifische Food-Phobien
1. Alektorophobia: Freilich sind alle hier aufgelisteten Phobien eher selten. Alektorophobia, etwa, ist die Angst vor Hühnern und Pouletfleisch.
quelle: chicken.ca / chicken.ca
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Gesundheit und Ernährung

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
31 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
du_bist_du
27.01.2023 09:48registriert Mai 2020
Ich trinke seit einigen Jahren keinen Alkohol mehr. Fühle ich mich besser? Insgesamt deutlich ja, aber diese Erwartungshaltung, dass man nach einem Alkoholstopp plötzlich Superman sei, ist natürlich illusorisch und kontraproduktiv.
601
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jekyll & Hyde
27.01.2023 17:33registriert Januar 2017
Pro Tipp:
Macht einen Dry February, der hat nur 28 (alle 4 Jahre 29 ) Tage statt 31

Im Ernst:
Wenn man Problem hat einen Monat nichts zu trinken, hat man ein viel grösseres Problem
322
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mirabella
27.01.2023 12:46registriert November 2020
Eine persönliche Anmerkung zu Sandra Casalini: Ich schätze ihre Beiträge genau deshalb, weil sie sich mit ihren Schwächen zeigt. Das empfinde ich sehr mutig und auch wohltuend.
Für mich eine Seltenheit in der heutigen Zeit der Selbstoptimierung.

PS: Ich trinke keinen Alkohol. Schmeckt mir einfach nicht, deshalb kann ich bei diesem Thema nicht mitreden.
290
Melden
Zum Kommentar
31
Lust auf Muskeln: Kristen Stewart erfüllt sich mit lesbischem Actionfilm einen Traum
«Love Lies Bleeding» ist eine wirklich heisse Liebesgeschichte und wirklich nichts für Leute, die kein Blut sehen können.

Der «shit» verstopft vieles. Die Toiletten, die Lou (Kristen Stewart) in ihrem Gym reinigen muss. Und einen Riss in der Erde, in dem Lous Vater (Ed Harris) ein paar Probleme entsorgt hat, seinen «other shit», wie Lou sagt. Lous Gym steht gegen die Shooting-Range des Vaters. Lou handelt mit Muskeln und Steroiden. Ihr Vater mit Waffen. Und beide handeln mit den Träumen ihrer Kunden von einem selbstbestimmten Leben.

Zur Story