Sie nennen sich Alt-Right, KKKs oder White Supremacists – doch im Grunde sind sie alle gleich. Sie sind alles «Suckers». Sagt zumindest das Internet. Auf Twitter, Facebook und anderen sozialen Netzwerken kommentieren derzeit nämlich viele US-Amerikanerinnen und Amerikaner die «neue rechte» Hetze, die jüngst in der Universitätsstadt Charlottesville eine Frau das Leben kostete, mit einem Youtube-Link.
Don't Be a Sucker - 1947 after the horrible acts in #Charlottesville we must all be reminded #dontbeasucker https://t.co/tVUlRhsEMN
— Róisín (@Roisindubh_) 15. August 2017
«Don't Be a Sucker» heisst es im Titel des 17-minütigen Videos, bei dem es sich um ein 74-jähriges Relikt des US-amerikanischen Kriegsministeriums handelt. 1943 wurde dieser Film zum ersten Mal der amerikanischen Öffentlichkeit gezeigt, um an sie zu appellieren: «Seid keine Schösslinge (engl.: Suckers) faschistischer Hetze!» Auf staatlicher Ebene wollten die USA ihren Bürgerinnen und Bürgern klar machen, dass sich ihr Land keine Fremdenfeindlichkeit, keinen Faschismus und keinen Rassismus leisten kann.
Hauptfiguren des Kurzfilms sind zwei Männer, die beide spontan auf eine öffentliche Kundgebung stossen. Ein älterer und ein etwas jüngerer.
«Ich bin ein ganz normaler Amerikaner. Aber ich bin ein amerikanischer Amerikaner», schreit ein weiterer, weisser und stattlicher Mann mit vor Zorn heiserer Stimme in die Menschenmenge hinaus. Er beklagt sich über die Schwarzen, die er «Neger» nennt, die Jobs haben, die eigentlich ihm und seinesgleichen gehören sollten. Dass bringe sein Blut zum Kochen. Das Publikum nickt.
Der ältere Mann schüttelt den Kopf und wendet sich dem jüngeren zu. Er fragt ihn mit deutlich hörbarem osteuropäischen Akzent: «Ich habe solches Gerede auch schon gehört. Aber niemals hätte ich erwartet, dass ich ihm auch mal in Amerika begegnen werde. Glauben Sie diesem Mann?» – «Ich glaube, er weiss, wovon er spricht. Für mich macht das Sinn», entgegnet der jüngere dem älteren in akzentfreiem Englisch.
Der Redner wettert polemisch weiter: «Und ich sage euch, meine Freunde, wir werden dieses Land niemals als unser eigenes bezeichnen können, wenn es nicht ein Land ohne ist. Ohne wen? Ohne Neger. Ohne Ausländer. Ohne Katholiken …» Der jüngere Mann nickt dem Gerede bedacht zu, bis der Referent die nächste Minderheit, die er zu eliminieren vorhat, aufzählt: «… Ohne Freimaurer.»
Der junge Mann legt die Stirn in Runzeln und murmelt halb vor sich hin, halb dem Alten, der neben ihm steht, zu: «Freimaurer? Was soll falsch sein an Freimaurern? Ich bin einer. Der redet über mich!» – «Sehen Sie», erwidert der Alte, «und das macht den Unterschied, oder?»
Nach dieser Szene, zeigt der Film dokumentarisch die Folgen des Nazifizierung Deutschlands, wie Separierung einen Staat zerstören kann und wie die die «farbige» amerikanische Armee, über die geschwächten, eigenartigen Nazis triumphierte.
Am Schluss werden noch einmal die beiden Männern gezeigt, die auf einer Parkbank das vorherige Geschehen reflektieren. Sie konstatieren, dass die USA aus unzähligen Minderheiten bestehen, dass aber gerade auch darin ihr Wert liege. «Persönliche Freiheit, Redefreiheit, Religionsfreiheit sind hier nicht nur schicke Worte, sondern Teil der amerikanischen Lebensqualität. Nagen wir an der Freiheit anderer, bringen wir die eigene in Gefahr», plädiert der ältere Mann, der sich als gebürtiger Ungar outet.
Im Zeichen des Rechtsrutsches unter Präsident Trump, der sich mit einer expliziten Kritik an den Vorfällen in Charlottesville zunächst schwer tat, ist dieser Kurzfilm ein gefundenes Fressen. Denn für eine breite Öffentlichkeit, die sich Informationen gerne über soziale Online-Kanäle abholt, dürfte dieser nostalgische Info-Film in Erinnerung rufen, was den Staat, in dem sie leben, ausmacht und wofür die vorherigen Generationen unter anderem einen Weltkrieg austrugen.
Oder um es in den herzig patriotischen Worten des alten ungarisch-amerikanischen Mannes zu sagen:
(jin)