100'000 Franken Belohnung im Fall Rupperswil: «Das ist ein Zeichen an die Täter»
Der Durchbruch ist den Ermittlern im Fall Rupperswil noch nicht gelungen. Der pensionierte Gerichtspsychiater und Forensiker Josef Sachs hat die Pressekonferenz verfolgt und schätzt den Fall mit den aktuellsten Erkenntnissen neu ein. Er sagt auch, was die höchste je in der Schweiz ausgesprochene Belohnung von 100'000 Franken bedeutet.
Die Ermittler hätten an der Medienkonferenz am Mittwochnachmittag in Schafisheim einen sehr professionellen Eindruck gemacht. «Sie wussten, was sie sagen wollten – aber auch, was sie nicht sagen wollten.» Das sagt Josef Sachs, pensionierter Gerichtspsychiater und Forensiker, der für die «Nordwestschweiz» die Medienkonferenz von Aargauer Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei mitverfolgte.
Weshalb aber hat die Staatsanwaltschaft eine Pressekonferenz einberufen, wenn sie noch nicht den Durchbruch erreicht hat?
Für Josef Sachs ist klar, dass stets zwei wichtige Ziele in einem Verfahren in die Quere kommen: «Einerseits will man die Mithilfe der Bevölkerung. Um dies zu erreichen, muss man Informationen bekannt geben. Andererseits will man die Täterschaft möglichst wenig beeinflussen, deshalb sollte man so wenig Details wie möglich veröffentlichen – hier den Mittelweg zu finden ist eine grosse Herausforderung», so Sachs weiter.
Bedeutung des Falls erhöht
Der Kanton Aargau setzte an der Pressekonferenz für konkrete Hinweise, die zur Ermittlung der Täterschaft führen, eine Belohnung von 100'000 Franken aus.
Was bedeutet das für die Täterschaft? «Mit einem solch hohen Betrag einer Belohnung erhöht die Staatsanwaltschaft und Polizei die Bedeutung des Falls. Es ist ein Zeichen an die Täter, dass sie ganz spezielle Verbrecher sind – und da schwingt bei der Täterschaft vielleicht auch ein bisschen Narzissmus mit.»
Der Fahndungsaufruf der Polizei Bild:
Und weiter sagt Sachs: «Die Täter wissen jetzt, dass DNA-Spuren sichergestellt wurden. Das kann sie unter Druck setzen.»
9850 Franken abgehoben
An der Pressekonferenz gaben die Ermittler ausserdem bekannt, dass das spätere Opfer Carla Schauer am Mordtag 9850 Franken am Bankschalter abgehoben, sowie 1000 Euro am Bankomaten bezogen hat. Sachs dazu: «Das ist kein Allerweltsbetrag – es ist möglich, dass sich die Täter mehr erhofft haben. Es ist aber auch möglich, dass ein Beziehungsaspekt eine Rolle gespielt hat.» (az)
Der Ticker zur Pressekonferenz der Aargauer Behörden zum Nachlesen:
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14:41
«Wanted», beziehungsweise «Appeal for Information»
Mit diesen Flugblättern sollen Personen aus dem Umfeld der Täterschaft im Vierfachmord von Rupperswil zu Hinweisen aufgerufen werden.
Fazit: Polizei und Staatsanwaltschaft sind mit ihrem Latein am Ende
Die heutigen Ausführungen des Leitenden Oberstaatsanwalts Philipp Umbricht, der Leitenden Staatsanwältin Barbara Loppacher und des Kripo-Chefs Markus Gisin lassen keinen Zweifel: Die Polizei und die Staatsanwalt haben alle herkömmlichen Ermittlungsmethoden ohne Erfolg ausgeschöpft. Weder ausführliche Befragungen, darunter auch all jener Personen, die mit dem Opfer Carla Schauer in der Bank waren, noch die Dash-Cam-Auswertungen, Apothekenhinweise oder Spurensicherungen haben einen Hinweis auf den oder die Täter geliefert und es ist auch nicht zu erwarten, dass das noch geschieht.
Die 100'000 Franken ausgelobter Belohnung und die geplante Verteilung von Flugblättern zielt ganz klar auf Hinweise aus dem direkten Umfeld des oder der Täter ab. Ein Freund, eine Freundin, ein Komplize oder ein Mitwisser müssen den oder die Täter gegenüber den Behörden identifizieren. Ansonsten bleibt nur die Hoffnung auf Kommissar Zufall: Dass die Person oder die Personen, zu denen die am Tatort sichergestellten Fingerabdrücke und DNA gehören, bei irgendeinem Grenzübertritt, einer Personenkontrolle oder erkennungsdienstlichen Behandlung auffliegen.
14:27
«Keine Massen-DNA-Tests vorgesehen»
Mediensprecher der Aargauer Kantonspolizei, Bernhard Graser, beendet damit die Medienkonferenz, nachdem nur eine Frage im Plenum aufgeworfen worden ist und zwar die nach den Massen-DNA-Tests, die der «Blick» vermeldet hatte. Dazu die Leitende Staatsanwältin Barbara Loppacher: «Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine Massen-DNA-Tests geplant oder vorgesehen.» Von wie vielen verschiedenen Personen DNA und Fingerabdrücke festgestellt worden sind und wieviele Täter man dahinter vermute, wollte Kripo-Chef Markus Gisin auch auf Nachfrage nicht sagen.
14:22
Umbricht: «Fahndungsaufruf werden wir mittels Flugblättern in verschiedenen Sprachen verteilen»
Angesichts der weiterhin flüchtigen Täterschaft und der mageren Ausbeute aus der mit grossem Aufwand geführten Untersuchung, will Umbricht keinen Zweifel daran lassen, dass Staatsanwaltschaft und Polizei des Kantons Aargau nichts unversucht lassen, um den oder die Täter zu finden. Man werde den Fahndungsaufruf und die Belohnungsankündigung auf den üblichen Kanälen verbreiten, aber nicht nur das: «Wir werden auch Flugblätter drucken und diese in grosser Zahl und verschiedenen Sprachen im deutschsprachigen Raum verteilen, um möglichst viele Mitmenschen zu erreichen.»
Die Opfer sind gemäss Kripo-Chef Gisin mit Kabelbindern gefesselt worden. Über die DNA-Profile könne man weiter nichts sagen, auch nicht dazu, um wieviele sichergestellte DNA-Profile und Fingerabdrücke es sich handle. Es gebe aber eine Belohnung von 100'000 Franken für Hinweise, die zur Ermittlung der Täter führen, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht. «Es dürfte sich dabei um die höchste Belohnungssumme handeln, die in der Schweiz je ausgelobt worden ist, aber er ist der Schwere der Tat angemessen», sagt Umbricht.
14:15
Kripo-Chef Markus Gisin: «DNA und Fingerabdrücke gesichert»
Hinweise gebe es aus Befragungen und Auswertung von Dashcams nicht, wohl aber Resultate aus der Untersuchung des Tatorts: «Es gelang uns täterische DNA und Fingerabdrücke zu sichern. Leider haben die in keiner Datenbank zu Treffern geführt», sagt Gisin.
14:13
Schauer hatte 9850 Franken abgehoben
Nun gibt Loppacher bekannt, wieviel Geld das Opfer Carla Schauer am Tag der Tat, offenbar unter Druck, auf Banken und an Bancomaten abgehoben hatte. Es handelt sich dabei um 9850 Franken in Folgender Stückelung: Sechs Mal 1000 Franken, elf Mal 200 Franken, elf Mal 100 und elf Mal 50 Franken. Zusätzlich sind 10 mal 100 Euro an einem Bancomaten abgehoben worden.
Mit der Bekanntgabe dieser Summe erhoffe man sich Hinweise aus dem Umfeld der Täter: «Wir möchten wissen, ob jemandem aufgefallen ist, dass jemand aus dem näheren Umfeld mit viel Geld hantiert, mit Tausendernoten bezahlt oder teure Weihnachtsgeschenke gemacht hat», sagt Loppacher.
14:11
Barbara Loppacher, Leitende Staatsanwältin AG: Untersuchung ist nicht weitergekommen
Man arbeite mit Hochdruck, es gebe regelmässige Sitzungen mit Staatsanwaltschaft und Polizei, sagt Barbara Loppacher. Es seien 250 Hinweise eingegangen, deren Einordnung habe viel Arbeit verursacht. Sechs Personen hätten Material aus Dashcams zur Verfügung gestellt. Es sind Personen aus dem Umfeld der Opfer vernommen worden. Gebracht habe das alles nichts. «Alle getätigten Massnahmen haben bisher keinen Untersuchungserfolg gebracht», sagt Loppacher.
14:05
«Wollen einen Überblick über die letzten zwei Monate geben»
Umbricht stellt klar, dass man heute an der Medienkonferenz «gewisse Fakten» über die Untersuchung bekannt geben werde, um zu zeigen, was die Polizei in den letzten zwei Monaten gemacht und erreicht habe, man werde aber nicht alles sagen, was man wisse. Das sei nicht möglich.
14:03
Philipp Umbricht, Leitender Oberstaatsanwalt: «Vielen Dank für die Hinweise»
Philipp Umbricht, Leitender Oberstaatsanwalt spricht den Angehörigen der Opfer von Rupperswill das Beileid der Behörden aus und bedankt sich bei der Bevölkerung für die Hinweise, die zahlreich eingegangen seien. Man sei weiter auf diese angewiesen, um den Vierfachmord aufzuklären. «Dieses Tötungsdelikt gehört zu einer der schwersten Straftaten, die in den letzten Jahren im Kanton Aargau verübt worden sind», sagt Umbricht.
Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung ist der Theoriesaal der Mobilen Einsatzpolizei beim Aargauer Strassenverkehrsamt gut gefüllt mit Kameraleuten, Fotografen und Journalisten.
Forensiker Frank Urbaniok: Wiederholungstäter wahrscheinlich
«Bei einer solch ausgeprägten Brutalität muss man davon ausgehen, dass die Täter nicht zum ersten Mal in dieser Weise auffällig wurden», sagte der bekannte Forensiker Frank Urbaniok zum Vierfachmord von Rupperswil. Und er er konkretisiert: «Es gibt eine grosse Chance, dass sie schon einmal in der einen oder anderen Form mit der Justiz im In- oder Ausland Kontakt hatten.» Hier gehts zur Meldung.
DNA-Tests
Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau hat offenbar mehrere DNA-Tests angeordnet. Dies schreibt der «Blick» am Donnerstagmittag noch vor Beginn der Pressekonferenz. Die betreffenden Personen seien dazu aufgefordert worden, bei der Kantonspolizei Aargau einen Wangenschleimhautabstrich vorzunehmen. Wie viele Tests durchgeführt werden, ist noch unklar, nähere Details werden an der Pressekonferenz um 14 Uhr erwartet.
Die letzte heisse Spur: Zwei Unbekannte liessen sich in Apotheke verarzten
Eine Apotheke in Wohlen war die letzte heisse Spur in dem Fall. Dort hatten sich wenige Stunden nach der Tat, zwei Männer ihre Schnittwunden verarzten lassen. Beide seien sie keine bekannten Kunden gewesen. Hier gehts zur Meldung.
Warum tritt Loppacher heute auf? Zwei Erklärungsmöglichkeiten
Bisher hatten Kriminal- und Kantonspolizei über den Fall informiert. Heute tritt erstmals Barbara Loppacher, Leitende Staatsanwältin des Kantons Aargau, vor die Medien. Für die bereits einen Tag zuvor angekündigte Medienkonferenz mit Loppachers Präsenz gibt es zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder die Polizei möchte nicht mehr öffentlich über den stagnierenden Ermittlungsstand informieren und hat Loppacher dazu gedrängt, dies künftig zu übernehmen oder es gibt einen Ermittlungszwischenerfolg, für den Loppacher nun die öffentlichen Lorbeeren kassieren will.
In Kürze wissen wir mehr.
Der Fall
Am 20. Dezember starben bei einem Brand in einem Einfamilienhaus in der Aargauer Gemeinde Rupperswil im Spitzbirrli-Quartier vier Personen. Die Toten waren Carla Schauer, ihre beiden Söhne Davin (13) und Dion (19) sowie dessen Freundin Simona (21). Wie die Ergebnisse der Spurensicherung zeigten, waren die Opfer erstochen und das Haus danach in Brand gesetzt worden. Trotz umfangreicher Ermittlungen, Zeugenbefragungen, öffentlichen Aufrufen, Dashcam-Aufnahmen einzureichen und einem Aufruf in «Aktenzeichen XY» waren Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau bisher nicht in der Lage, einen Ermittlungserfolg zu vermelden.
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Vierfachmord von Rupperswil: Zusammenfassung der Ereignisse
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SVP will Benzin und Diesel verbilligen, Rösti-Departement übt Kritik – die Sonntagsnews
Weniger Solarstrom aus den Alpen, rechtsextreme Verbindungen der Jungen SVP und gestrichene Sendungen von SRF Kultur: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.
Der Energiekonzern Axpo hat die Prognosen zur Stromproduktion von alpinen Solaranlagen deutlich nach unten geschraubt. Statt mit zwei Terawattstunden rechnet Axpo kurzfristig noch mit einem Viertel der angestrebten Menge, wie die «SonntagsZeitung» einer neuen Schätzung entnahm. Die langfristige Produktionsprognose reduzierte der Konzern demnach gar um den Faktor 10. Das sei nicht einmal die Hälfte dessen, was sich die Politik bereits für 2030 versprochen habe. Grund seien in erster Linie die höheren Baukosten im hochalpinen Gelände. Energieminister Albert Rösti kenne das Problem. Doch wolle er weiterhin auf die alpine Solarkraft setzen. «Jede Anlage, die gebaut wird, leistet einen Beitrag», sagte er.