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«Ich glaube, alle sind ein bisschen müde». Die Stimme aus dem Off gehörte Eric Nussbaumer und der SP-Nationalrat fasst treffend zusammen, an was diese «Arena» litt – und was sie gleichzeitig zu einer der unterhaltsameren der letzten Zeit machte.
Der Brexit-Schock am Freitagmorgen führte dazu, dass die «Arena»-Leitung kurzfristig umdisponierte. Anstatt einer normalen Sendung gab es gleich deren zwei – und beide waren live. Die Gäste der zweiten «Arena» waren dementsprechend nicht mehr ganz auf der Höhe. Nur Moderator Jonas Projer führte mit der gewohnten Souveränität durch den Abend. Die «längste ‹Arena› des Jahres» merkte man dem 32-Jährigen nicht an.
Eine Auswirkung hatte die Doppelschicht für Projer möglicherweise: Seine Streitlust war umso grösser. Das musste vor allem SVP-Nationalrat Roger Köppel eins ums andere Mal erfahren.
Neben Ellbogen-Geplänkel und flotten Einwürfen wurden auch ein paar Fragen behandelt. Allen voran die Frage, die nach dem Entscheid der Briten wie ein Damoklesschwert über der Schweiz hängt: Wie weiter in den Verhandlungen mit der EU? Wie weiter mit der Umsetzung über die Personenfreizügigkeit? Wie weiter mit dem Verhältnis zwischen der Schweiz und ihrem wichtigsten Handelspartner?
Aber eben, die Müdigkeit. Roger Köppel, der die Kommentare nach dem Brexit als «Untergangsszenarien» abtat und Johann Schneider-Ammans Rede zum Leave-Entscheid spöttelnd als Trauerlitanei bezeichnete («Er sah aus, als würde er sein eigenes Todesrurteil ablesen»), konnte mit seinen Voten zwar den einen oder anderen Lacher ernten, aber wenig zur Debatte beitragen.
Sein entwaffnendes Geständnis, dass er von Fachbegriffen wie Schutzklausel und Schwellenwert eigentlich keinen Schimmer hat («Dafür reicht meine Ausbildung nicht aus»), war nicht förderlich. Dass es seine Partei war, die uns mit der Masseneinwanderungs-Initiative überhaupt erst die Wortungetüme eingebrockt hat, ignorierte der Weltwoche-Chefredaktor geflissentlich.
Petra Gössi, die frischgebackene FDP-Präsidentin, flankierte Köppel bei der Einschätzung, dass der Brexit keine Katastrophe für die Briten, die Schweiz und Europa darstelle – auch wenn sie es nicht ganz so prononciert ausdrückte. «Meiner Meinung nach erwachsen aus dem Brexit auch Chancen», gab sie als Antwort auf die Frage, was denn der Rückzug der Briten auf die heimische Scholle für die Wirtschaft bedeute.
Und weiter: «Etwas dürften wir gelernt haben, die Leute sind zwar nicht zufrieden mit den wirtschaftlichen Entwicklungen, die der Brexit mit sich bringt, aber sie haben jetzt mehr Freiheiten».
Ein Statement, mit dem Nussbaumer nicht viel anfangen konnte, auch wenn er sich aufopfernd der Schwarzmalerei verwehrte. «Super, wir gumpen in ein schwarzes Loch», konstatierte der Basler SP-ler trocken.
Auch CVP-Nationalrätin Kathy Riklin zweifelte am wirtschaftlichen Nutzen des Brexits für die Inselbewohner, was Roger Köppel zu einem Wettangebot veranlasste. Riklin willigte ein, wehrte sich aber gegen ein Weltwoche-Abo als Einsatz.
Einig war man sich der Frage, dass der Brexit zur Rechtsunsicherheit führe – und dass die EU massive institutionelle Probleme aufweise. Einzig Riklin sprang für die viel gescholtene EU in die Bresche: «Die Europäische Union ist ein grosses Friedensprojekt. Wir alle haben davon profitiert.»
Und dann, dann kam auch noch die Frage auf, die eigentlich spätestens mit der exzessiv zelebrierten Schredderung des Beitrittsgesuch längst beantwortet geglaubt war: Soll die Schweiz nun möglicherweise doch einen EU-Betritt ins Auge fassen? Zuspruch erfuhr diese Idee von einem Twitter-Kommentarschreiber, einem Zuschauer und Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.
Bei Johannes Hübner, dem FPÖ-Abgeordneten, der wie Projer und Calmy-Rey Überstunden schieben musste, fand die Idee hingegen nicht soviel Anklang. «Sie verlieren keine Mitbestimmung, wenn Sie NICHT in die EU eintreten», belehrte der Österreicher mit gekonntem Schmäh die Runde.
Schliesslich sorgte Hübner für den erheiterndsten Augenblick an einem Abend, der eigentlich von Sorge und Bedenken um die Zukunft hätte geprägt sein müssen, oder können, wäre da nicht – eben – die Müdigkeit, und vielleicht ein kleines bisschen Brexit-Überdruss. Was Hübner genau gesagt hat, geht im allgemeinen Gelächter unter, aber irgendwo brachte der Wiener einen Ausdruck wie «Nex Schmex» unter. Das reichte, um das Publikum in eine mittelstarke Ekstase zu versetzen.