Füürtüfäli
Diese Einstellung sollte man überdenken, find ich.
Ich bin mit Alkohol aufgewachsen. Also nicht, dass ich als Kind selbst getrunken hätte, aber es war normal, dass meine Eltern es taten. Vor allem im südländisch geprägten Haushalt meiner Grosseltern wurde nicht selten bereits mittags Wein aufgetischt, und mein Grossvater gönnte sich auch schon mal vormittags Schnaps in seinen Kaffee. Ich habe das nie hinterfragt. Ich hatte als Teenager aber auch nie das Bedürfnis, mir einen Rausch anzutrinken. Vermutlich gerade deshalb, weil Alkohol bei mir zu Hause immer ein Genussmittel war, wie zum Beispiel Kuchen, und nicht den Reiz des Verbotenen hatte. Den hatte er erst, als ich mit 17 in Australien lebte und dort nicht legal trinken durfte. Das war wohl die Zeit, in der ich am meisten Alkohol konsumiert habe im Leben.
Alkohol ist Kultur. Wein aus bestimmten Anbaugebieten, Whiskey oder Gin aus bestimmten Destillerien. Beim Italiener gibt's zum Espresso einen Limoncello, beim Japaner zum Dessert einen Sake. Und die Vorstellung, an einem warmen Samstagabend in einem lauschigen Garten vor einem Mineralwasser zu sitzen oder ein Glas Cola zu einem Teller Spaghetti Pomodoro zu trinken, macht mich nicht wirklich froh. Wenn man einen Blick auf die Webseite des BAG wirft, wird einem allerdings angst und bang:
Alkohol führt zur Ausschüttung von Endorphinen, auch bekannt als Glückshormone. Sie erzeugen oder verstärken positive Gefühle und verringern negative. Bei regelmässigem Konsum entwickelt sich eine Toleranz, das heisst, es sind immer grössere Mengen nötig, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Langfristig entwickelt sich ein sogenanntes «Suchtgedächtnis», das sich nicht so einfach wieder löschen lässt. Dieses gilt auch als verantwortlich für Rückfälle nach Abstinenz.
Meine Kinder sind 17 und 15 Jahre alt. Als Mutter halte ich generell nichts von Verboten. Wenn sie trinken wollen, trinken sie, egal, was meine Meinung dazu ist. (Und egal, ob sie den Alkohol beim Detailhändler ihres Vertrauens kaufen können oder nicht.) Ich halte viel von Aufklärung und gesundem Menschenverstand. Und da halte ich, ehrlich gesagt, den Vergleich mit Kuchen als gar nicht so übel, auch wenn er nicht ganz «verhebt». Warum esst ihr Kuchen? Weil ihr ihn gern habt.
Würdet ihr Kuchen essen, den ihr nicht mögt, nur weil euch jemand sagt, das sei cool? Wohl eher nicht. Würdet ihr vier ganze Kuchen hintereinander reinwürgen, um ein richtiges Zuckerflash zu haben? Wohl eher auch nicht. Würdet ihr Kuchen essen, um euch abzuregen, abzulenken oder vor Problemen davonzulaufen? Hin und wieder vielleicht schon. Hier unterscheidet sich der Alkohol vom Kuchen. Klar, es ist auch nicht super gesund, bei Problemen Süsses in sich reinzustopfen.
Aber in dem Moment, in dem ihr Alkohol konsumiert, um zu vergessen, habt ihr ein echtes Problem. Genauso wichtig, wie sich ab und zu zu hinterfragen, wie oft und wie viel man trinkt, finde ich deshalb die Frage, aus welchen Gründen man es tut. Denn der Grat zwischen Genuss- und Suchtmittel ist mitunter tatsächlich recht schmal.
Wie sieht's bei euch aus? Gehört das Feierabendbier dazu, trinkt ihr auch mal einen über den Durst oder habt ihr dem Alkohol abgeschworen? Wie war das während eurer Jugend? Und welche Regeln gelten für eure Kids im Teeniealter? Lasst es uns in den Kommentarspalten wissen.