Deutsche Serien haben es nicht leicht, wenn es um ihren Ruf geht: Inhaltlich dümmlich, optisch nicht anspruchsvoll und immer muss man Angst haben, dass Til Schweiger mitspielt.
Erst am 23. November veröffentlichte der Streaming-Dienst Sky mit «Das Boot» eine deutsche Produktion, die sehr vielversprechend aussieht. Bereits zuvor hat Netflix mit «Dark» einen so grossen Serienhit gelandet, dass sich sogar US-Amerikaner dazu durchringen, eine deutsche Serie mit englischen Untertiteln zu gucken. Und selbst Sender wie ZDF, ARD oder Arte glänzen in jüngster Zeit mit Produktionen, die man Deutschland bis vor wenigen Jahren qualitativ wohl nicht zugetraut hätte.
Für die folgenden sieben Serien solltest du daher deine Vorurteile für einmal ignorieren, denn es könnte sich wirklich lohnen.
Der junge Spion Martin Rauch wird im Auftrag des DDR-Geheimdienstes in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust. Dort soll er Informationen sammeln und das System ausspionieren. Doch bald muss der unerfahrene Martin feststellen, dass für ihn viel mehr auf dem Spiel steht als nur die Erfüllung der Mission. Gefangen zwischen zwei Ideologien muss er sich für eine Seite entscheiden – und läuft Gefahr, alles zu verlieren.
Die erste Staffel feierte bereits 2015 auf den Filmfestspielen Berlin Premiere und kam so gut an, dass sich sogar ein US-Fernsehsender die Ausstrahlungsrechte sicherte – bis dahin eine Seltenheit für deutsche Serien.
«Deutschland 83» wurde in den USA und auch Grossbritannien mit englischen Untertiteln ausgestrahlt und wurde vor allem in den USA schnell sehr populär. Weil RTL, welches die deutschen Senderechte hatte, mit den Einschaltquoten unzufrieden war, übernahm Amazon und kündigte eine zweite Staffel an. Diese ist seit Oktober unter dem Namen «Deutschland 86» verfügbar. Eine dritte Staffel, «Deutschland 89», ist bereits beschlossene Sache.
Der arabische Hamady-Clan kontrolliert im Berliner Bezirk Neukölln vier Häuserblocks, in denen die Mitglieder ihren kriminellen Machenschaften nachgehen. Auch Ehemann und Vater Toni Hamady gehört zum Clan, möchte aber seiner Familie zuliebe aussteigen. Doch dann wird Tonis Schwager festgenommen und der Familienvater stattdessen langsam immer mehr in einen Strudel aus Intrigen, Gewalt und Verrat hineingezogen.
«4 Blocks» ist die erste deutsche Eigenproduktion des US-Bezahlsenders TNT-Serie. Um der Geschichte mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, bestand der österreichische Regisseur Marvin Kren darauf, einige Rollen mit authentischen Personen aus dem Berliner Untergrund zu besetzen.
Die Serie kam bei Kritikern und Zuschauern so gut an, dass sich Amazon die internationalen Streaming-Rechte für 150 Länder gesichert hat.
1956 im Berlin der Nachkriegszeit: Die konservative Tanzlehrerin Caterina Schöllack muss sich allein um ihre drei Töchter kümmern. In ihren Augen müssen Frauen anständig sein, Männern gehorchen und möglichst bald heiraten. Da ist es natürlich ein Schock, als ihre jüngste Tochter Monika von der Hauswirtschaftsschule fliegt. Als diese dann auch noch den ungesitteten Rock'n'Roll für sich entdeckt, ist die Katastrophe perfekt.
Nach dem Erfolg der ersten Staffel – sie lief unter anderem in den USA, Kanada, Frankreich, Grossbritannien und Norwegen – startete im Frühling 2018 mit «Ku'Damm 56» die zweite. Verantwortlich für diesen Erfolg ist Annette Hess, die aktuell als eine der besten Drehbuchautorinnen Deutschlands gilt.
Inspiriert wurde Hess von ihren Eltern, die oft über die Zeit in den 50er-Jahren erzählt haben. Dabei erwähnten sie immer wieder eine Monika, die sich unsittlich verhalten habe: Sie flirtete mit Männern, trug unangemessene Kleidung und las sogar Romane.
Gereon Rath ist ein junger Kommissar aus Köln, der eigentlich denkt, mit allen Wassern der Grossstadt gewaschen zu sein. Doch als er für einen Fall nach Berlin versetzt wird, lernt er bald eine Welt kennen, die ihm bisher völlig fremd war. Berlin ist ein Schmelztiegel der Kulturen und scheint nie zu schlafen. Auch Ökonomie, Politik und Umwelt befinden sich im Wandel und zwischen Maidemonstrationen und aufkeimendem Nationalsozialismus gerät die Weimarer Republik immer mehr ins Wanken.
Viele Hoffnungen wurden in das Prestige-Projekt «Babylon Berlin» gesetzt. Nebst einem gigantischen Budget von 40 Millionen Euro für zwei Staffeln à acht Folgen, diente der bekannte Regisseur und Drehbuchautor Tom Tykwer («Das Parfum») als kreativer Kopf.
Die Serie enttäuschte nicht und wurde zu einem weltweiten Millionenerfolg, wie ihn die deutsche Serienindustrie zuvor noch nie erlebt hat. Selbst in den USA, wo die Serie auf Netflix gezeigt wird, wird «Babylon Berlin» mit Kritikerlob überschüttet. Kein Wunder also, dass bereits eine dritte und vierte Staffel geplant sind.
Alfons Zischl ist Bürgermeister der kleinen, bayrischen Gemeinde Hindafing. Der ländliche Ort ist dabei hoffnungslos hinter dem Mond: Die Industrie ist veraltet und kaum ein Tourist verirrt sich je hierher. Ein Imagewandel muss her und diesen glaubt Zischl mit dem Bau eines neuen Einkaufscenters gefunden zu haben. Doch dann macht ihm die Landespolitik einen Strich durch die Rechnung, als sie ihn beauftragen, für 50 Flüchtlinge eine Heimat zu schaffen.
«Hindafing» ist eine grossartige Persiflage auf die bayrische Lokalpolitik und beschäftigt sich mit Themen wie Gammelfleisch, Flüchtlingskrise, Panama Papers und Korruption. Von den Kritikern wurde die Serie euphorisch aufgenommen. «Die Zeit» schreibt beispielsweise:
Zu verdanken hat die Serie ihren Erfolg wohl ihren Machern. Denn statt auf Altbewährtes setzte der Bayrische Rundfunk auf frische Ideen und arbeitete dafür sogar mit zwei Filmstudenten zusammen. Das hat sich definitiv gelohnt.
Als eine deutsche Grossbank Opfer einer Hackerattacke wird, kann das Bundeskriminalamt den Angriff bis nach Rumänien zurückverfolgen. Die Spezialistin für Internetkriminalität Lisa Metz wird in die rumänische Stadt Timisoara geschickt, um den Fall aufzuklären. Obwohl sie dort geboren ist, trifft sie vor Ort nur auf Ablehnung. Vor allem der leitende Ermittler Adam Sandor sieht seine Arbeit durch Lisa gefährdet. Erst, als der junge Gamer Cipi zur Zielscheibe der Cyber-Kriminellen wird, scheint die Zusammenarbeit endlich zu funktionieren.
Auch HBO möchte im aufkeimenden deutschen Serienmarkt mitmischen. Dafür hat sich der Vorzeigesender mit TNT-Serie zusammengetan, welche mit «Hackerville» ihre zweite deutsche Eigenproduktion abliefern.
Dank «Hackerville» tritt aber auch Rumänien auf die internationale Serienlandkarte, denn für die Produktion hat man auch kreative Köpfe von dort ins Team geholt. So gilt «Hackerville» vor allem auch als schönes Beispiel dafür, wie eine moderne, europäische Serien-Koproduktion aussehen kann.
In Niederrhein wird die rothaarige Sängerin K ermordet in einem Pool aufgefunden. Der rätselhafte Mord führt die Ermittler schnell in ein katholisches Kloster, in dem K vor 20 Jahren Mittelpunkt einer Clique war. Diese vergötterte damals den Roman «Das Parfum» von Patrick Süskind regelrecht. Wie der Protagonist der Geschichte versuchten die Cliquen-Mitglieder ihre Nasen zu trainieren und die Essenz des menschlichen Körpergeruchs zu konservieren. Könnte es sein, dass einer der Mitglieder 20 Jahre später erneut nach dem perfekten Duft sucht – und dafür sogar mordet?
Eine Serie, die vor allem dadurch interessant ist, dass sie die Meinungen der Kritiker spaltet. Während die einen darin ein Meisterwerk sehen, unterstellen ihr andere genau das Gegenteil. Was die Serie definitiv nicht ist: etwas für zart besaitete Zuschauer.
Geschadet hat die Kritik nicht, denn die Krimiserie wird nicht nur heiss diskutiert, sondern wurde von Netflix bereits für den internationalen Markt aufgekauft. Ob es allerdings zu einer zweiten Staffel kommen wird, ist aktuell noch nicht bekannt.