Nach einem souveränen 6:4, 6:2, 7:5 lässt es sich ganz entspannt Platzinterviews geben. Neben einer kurzen Ausführung über Shirt-Wechsel und seinen Hintern erklärt Roger Federer aber auch noch ernsthaft, wie zufrieden er mit seinem Auftritt gegen Kohlschreiber ist. «Ich habe kein Break kassiert, was sich grossartig anfühlt.» Er sei sehr zufrieden mit seinem ganzen Spiel, insbesondere der Aufschlag habe gut funktioniert.
Fans, die nach seinem Medical Timeout zwischen dem zweiten und dritten Satz beunruhigt sind, kann der Basler beruhigen. «Ein Muskel hat leicht gezwickt. Es ist aber nichts Ernstes.» Er habe das Problem einfach möglichst schnell aus der Welt schaffen wollen, deshalb habe er gleich auf dem Platz noch reagiert.
Während er sich vom Physiotherapeuten behandeln lässt, erfährt der Maestro auch gleich, wer sein Gegner in der nächsten Runde wird. «Ich freue mich auf das Spiel gegen Del Potro. Ich kenne ihn gut und er ist ein toller Typ.» Es sei schön, den Argentinier wieder erfolgreich auf der Tour zu sehen.
2009 trafen die beiden zum letzten Mal am US Open aufeinander – im Final. Damals setzte sich Juan Martin Del Potro in einem epischen Fünfsätzer durch. «Wenn ich auf dieses Spiel zurückblicke, bereue ich einiges», sagt Federer. Es sei eine dieser Partien gewesen, die man unbedingt noch einmal spielen möchte. «Ich hatte das Gefühl, dass ich eigentlich hätte gewinnen sollen», erklärt Federer weiter.
In diesem Jahr ist die Ausgangslage allerdings eine andere. Del Potro ist nicht mehr der aufstrebende Star, sondern der Publikumsliebling mit der langen Verletzungsgeschichte. Ob der «Turm von Tandil» nochmals einen ähnlich epischen Match durchstehen würde, ist fraglich. Denn so einen hat er bereits in den Beinen.
In seiner Achtelfinalpartie gegen Dominic Thiem liegt der Argentinier mit 1:6 und 2:6 zurück und muss im vierten Satz zwei Matchbälle abwehren. Doch Del Potro kämpft sich zurück und gewinnt die Partie doch noch in fünf Sätzen. Danach erklärt der 28-Jährige, weshalb er zu Beginn Mühe hatte: «Ich war die letzten beiden Tage krank. Auf dem Platz konnte ich nicht atmen und mich nur schlecht bewegen.» Mitte des zweiten Satzes habe er daran gedacht, aufzugeben.
Stattdessen steht dem einfachen US-Open-Champion nun ein Duell mit Federer bevor. «Ich weiss, wie ich gegen ihn spielen muss, um zu gewinnen», sagt Del Potro. Er müsse aber schauen, wie er sich fühle nach dem Kampf gegen Thiem und er hofft, dass er sich an seinem freien Tag gut erholt. Dennoch freut sich der Argentinier auf das nächste Spiel: «Es ist immer eine Freude gegen den grössten Spieler aller Zeiten zu spielen.»
Im Halbfinal wartet Rafael Nadal oder Andrey Rublev auf den Sieger zwischen Federer und Del Potro. Nadal, der sich im Lauf des Turnier stetig gesteigert hat, ist in dieser Partie natürlich zu favorisieren. Auf die Frage, ob Rublev gefährlicher sei, weil er nichts zu verlieren hat, meint der Spanier: «Er hat die Chance, zum ersten Mal in seiner Karriere in einem Grand-Slam-Halbfinal zu stehen. Selbstverständlich hat er etwas zu verlieren. Wir alle haben etwas zu verlieren, in jedem Spiel.»
Tennis sei aber ein Spiel der Sieger. «Niemand erinnert sich an deine Niederlagen.» Der French-Open-Champion weiss, welche Art Spieler mit dem Russen auf ihn wartet: «Er ist ein solider Spieler, wir haben auch schon gemeinsam in meiner Akademie trainiert.»
An einen möglichen Halbfinal gegen Federer will Nadal noch nicht denken. Darauf angesprochen meint er: «Falls ich in zwei Tagen hier bin, und ich gewonnen habe, dann dürft ihr mir alle möglichen Fragen zu Roger stellen. Dann beantworte ich sie gerne.» (abu)