Am 6. Mai 1884 war es für ein dralles Mädchen an der Zeit, sich endlich der Welt zu zeigen. Es landete mit einem dumpfen Plumps auf dem Boden eines Zirkuswagens, irgendwo bei Wien. Katharina war das zweite Kind von Johanna und Philipp, dreizehn sollten ihr nachfolgen. Und wenn die beiden gerade keine Kinder zeugten, so reisten sie mit ihrem Zirkus im Land herum.
Katharina trat schon als kleines Mädchen in der Manege auf, mitsamt ihrem imposanten Körper, den sie von ihren Eltern geerbt hatte. Jedem, der sie im Ringen besiegen könne, versprach der Vater einen Gewinn von einhundert Mark.
Es gelang niemandem.
Als Max Heymann sein Glück versuchen wollte, warf Katharina ihn mit einem einzigen schwungvollen Handgriff zu Boden. Er machte ihr auf der Stelle einen Heiratsantrag. Katharina war erst sechzehn, das hielt sie allerdings nicht davon ab, den arbeitslosen Akrobaten ohne die Zustimmung ihrer Eltern zu heiraten.
Katharina war 1,84 Meter gross und wog über 90 Kilogramm. Max seinerseits wog «nur» rund 74 Kilogramm, weshalb sie ihn als eine ihrer Hauptattraktionen mit einer Hand über ihren Kopf zu stemmen pflegte.
John Ringling sah Katharina in Paris und gewann sie für seinen Ringling Brothers Circus. 1901 machte sie sich mit dem Schiff von Hamburg nach New York auf, wo sie neben dem Gatten-Heben auch gerne Eisenstangen verbog oder dem Zug von vier Pferden standhielt.
Die Reporterin Marguerite Martyn sah «The Lady Hercules», als der Zirkus in St.Louis vorbeikam. Sie schrieb:
Sie besiegte sogar den berühmten Strongman Eugen Sandow, den Vater des Bodybuildings. Sie schaffte es, 136 Kilo Gewicht über ihren Kopf zu stemmen, Sandow hob selbiges nur bis zur Brust.
Fortan nannte sie sich «The Great Sandwina» und stemmte als weibliches Pendant zu Sandow weiterhin unaufhörlich Dinge und Menschen in die Luft. Erst mit achtundfünzig Jahren verliess Katharina den Zirkus und eröffnete mit Max ein Grillrestaurant in einer Kleinstadt in New Jersey.
Noch als Wirtin führte die grosse Sandwina ihren Gästen zuweilen ein kleines Kunststück vor – so lange, bis sie ihre ganze gewaltige Kraft an den Krebs verlor.