Ärztefehler sind einer Studie zufolge die dritthäufigste Todesursache in den USA. Laut einer am Mittwoch im Fachmagazin «British Medical Journal» veröffentlichten Untersuchung starben dort im Jahr 2013 mehr als 250'000 Menschen an den Folgen von Ärztefehlern in Spitälern.
Mehr Tote – jeweils rund 600'000 – gab es demnach nur durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
«Menschen sterben wegen Kommunikationsproblemen, einer zersplitterten Gesundheitsversorgung, Diagnosefehlern, Überdosierungen oder vermeidbaren Komplikationen», erklärte Studienleiter Martin Makary von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore. «Zusammengenommen sind sie die drittwichtigste Todesursache in den USA.»
Die Zahlen wären noch deutlich höher, wenn Ärztefehler hinzugerechnet würden, die ausserhalb von Kliniken passieren, etwa in Pflegeheimen oder bei ambulanten Behandlungen. Genaue Zahlen zu Toten in Folge von Ärztefehlern gibt es nicht, offizielle Statistiken werden nicht geführt.
Makary und seine Kollegen werteten deswegen eine Reihe von Studien zu dem Thema aus und rechneten die Zahlen hoch auf die Zahl aller Spitalbehandlungen in den USA im Jahr 2013. So kamen die Forscher auf 251'454 Todesfälle, die auf Ärztefehler zurückgehen. Dies sei mehr als die Zahl der Menschen, die an den Folgen von Schlaganfällen und Alzheimer zusammen sterben.
Das Ausmass des Problems dürfte in anderen Industrienationen ähnlich sein, schätzt Makary – und geht davon aus, dass die Zahlen in Entwicklungsländern noch viel dramatischer sind. «Ich vermute, dass in Afrika schlechte medizinische Versorgung oder vermeidbare Komplikationen mehr Menschen töten als HIV und Malaria zusammen.»
Aus der Schweiz gibt es keine eigene Erhebung, sondern nur Schätzungen anhand von Zahlen aus den USA und anderen europäischen Ländern. Man gehe von rund einer Person pro tausend Hospitalisationen aus, die aufgrund von medizinischen Fehlern stirbt, sagte David Schwappach von der Stiftung Patientensicherheit Schweiz gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.
Zwar könnten menschliche Fehler bei der Behandlung von Patienten nie ausgeschlossen werden, schreiben die Studienautoren. Es könne aber viel unternommen werden, um Ärztefehler aufzuspüren und künftig zu vermeiden.
So könnte auf Totenscheinen vermerkt werden, ob Ärztefehler womöglich mitverantwortlich für den Tod des Patienten sind, schrieben die Autoren. Es sei aber schwierig, Spitäler und Ärzte dazu zu bewegen, ihre Fehler besser zu dokumentieren – unter anderem wegen möglicher rechtlicher Konsequenzen.
Einen medizinischen Fehler wie jede andere Todesursache auch festzuhalten, hält Schwappach ebenfalls für wünschenswert. «Allerdings weiss man im Moment des Todes die genaue Ursache oft nicht. Dafür bräuchte es in vielen Fällen eine gerichtsmedizinische Untersuchung.» Die Spitäler könnten also gar nicht erfassen, ob beispielsweise eines von fünf Medikamenten überdosiert war, und dies zum Tod beigetragen habe. (sda/afp)