Wenn nicht schleunigst etwas passiert, dann geht alles den Bach runter – so der Tenor. Betrachten wir das Ganze mal nüchtern. Die Meisterserie ist gerissen, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber überraschen kann es nicht wirklich. Die Strategie der Führung um Bernhard Burgener trug das Risiko des Scheiterns in sich.
Bloss haben das viele Anhänger in rotblauer Verklärung nicht wahrhaben wollen, sondern einzig an Identifikation gedacht, an die glorreichen Zeiten, an damals, als Marco Streller, Alex Frei und Beni Huggel noch zusammen auf dem Platz ackerten. Es waren die fetten Basler Jahre, als man anfing, Titel in Serie einzuheimsen. Mit Gedanken an damals stimmten viele für das Konzept.
Das war kein Fehler, im Gegenteil. Warum? Basel ist in den letzten Jahren der heimischen Konkurrenz enteilt. Vor allem auch wegen der Millionen aus der Königsklasse. Immer leichter kam man zuletzt an die prallen Kassen der UEFA.
Aber damit ist Schluss. Die Champions League wird je länger, je mehr zur geschlossenen Gesellschaft. Ab und zu dürfen – quasi auf Einladung – ein paar Kleine mittun. Aber die ganz grosse Bühne ist für Schweizer Klubs künftig sehr schwer zu erreichen.
Noch lebt der FCB vom Ruf, den man sich über die letzten Jahre erarbeitet hat, von den grossen Namen, die man hervorgebracht hat. Das wird künftig immer noch möglich sein. Denn die Arbeit auf dem Campus und im Scouting ist herausragend. Allerdings wird das Sprungbrett FCB weniger federn, die Talente werden langfristig kaum mehr gleich hoch abheben.
Grosse Wertsteigerungen von Spielern sind vor allem dank Auftritten in der Königsklasse möglich. Wird die schwieriger zu erreichen, werden die Transfereinnahmen auf lange Frist sinken.
Es kommt nicht von ungefähr, dass Unternehmer Burgener, ein Mann, der in langen Zyklen denkt, immer wieder betont, dass man wohl nie mehr 132 Millionen Franken umsetzen werde, wie das vor zwei Jahren der Fall war. Und das, obwohl die Transfersummen in der Tendenz sogar noch zunehmen werden.
Wenn der FCB selbsttragend sein will – und das muss er, weil sich Burgener nicht als Mäzen versteht –, muss er kleinere Brötchen backen. Auch deshalb wollte die neue Führung das Kader verkleinern und mehr auf Eigengewächse setzen.
Langfristig führt die Entwicklung dazu, dass der europäische Fussball noch extremer zur Zweiklassengesellschaft wird. Zugleich wird es in der Super League zu einer Annäherung kommen. Wenn Basel weniger ausgibt, kommt die Konkurrenz schon bei gleichbleibendem Budget näher. Die Meisterschaft wird ausgeglichener.
Die fetten Basler Jahre sind vorbei. Genauso wie die Meisterserie. Schier endlos schien die Dominanz im Rückblick, doch selbstverständlich war sie nie. Mit Ausnahme der letzten drei Titel waren alle vorherigen oft ganz knapp zugunsten der Basler ausgegangen.
Diese Entwicklung können der FCB und seine Anhänger kaum beeinflussen. Man muss mit den Konsequenzen leben. Der Umbruch war radikal, der Titel ging bachab. Für die Rest-Schweiz war es befreiend, dass endlich mal ein anderer Klub Meister wurde. Für den FCB hingegen ist es eine Hypothek. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit ist verloren, der Respekt der Gegner geschrumpft. Das steckt in den Köpfen von Sitten bis St.Gallen. Es ist kein Geheimnis, dass im Sport vieles Kopfsache ist.
Trotz allem hält man in Basel an den Zielen der Vergangenheit fest: Meister, Cupsieger, mindestens Europa League. Der Anspruch, die Erwartungen, das Selbstverständnis – sie alle sind unverändert. Noch.
Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herausforderung, den Titel nach Basel zu holen, in den letzten Jahren vermutlich nie so gross war wie gerade jetzt. Aber deswegen braucht man nicht in Panik zu verfallen.
Die Alarmstimmung ist verzerrt von den jüngsten Negativerlebnissen. Vom verspielten Titel, dem Verlust dreier Teamstützen, den schlechten Resultaten. Doch so dramatisch wie im Winter sollte der Eingriff in die Mannschaft nicht sein. Man hat talentierten Ersatz geholt, Spieler, die Rhythmus haben, Tore schossen und verhinderten – nicht Ergänzungsspieler mit hohen Ansprüchen wie im Winter.
Diese Spieler, Valentin Stocker und Fabian Frei, sind jetzt auf ganz anderem Niveau als damals. Ohne dabei von ihren Führungsqualitäten eingebüsst zu haben. Die sportliche Leitung hätte die Wechsel kommunikativ abfedern können, hätte man nicht immer wieder betont, man wolle das Team zusammenhalten.
Oder aber darauf hingewiesen, dass es – das zeige die Erfahrung vergangener Transferperioden nach international erfolgreichen Jahren – kaum möglich sein werde, alle Akteure zu halten, man aber vorbereitet sei.
Die verlorenen Testspiele soll man noch nicht überbewerten. Gewinnt der FCB am Samstag gegen St.Gallen und schafft dann den Sprung in die nächste Runde der Champions-League-Qualifikation, dann ist das alles vergessen. In Panik auszubrechen hat noch nie geholfen. Lassen wir das Team zeigen, was es kann. Und vertrauen wir auf Trainer Raphael Wicky. Er hat den FCB letztes Jahr international in ungeahnte Höhen katapultiert. Der Mann kann etwas. Und eines weiss er mit Sicherheit: In der Ruhe liegt die Kraft.