Viele Freunde hat sich Teleclub bei den Schweizer Fussballfans gestern Abend nicht gemacht. Das lag aber nicht unbedingt an der Sendung, sondern an der Entscheidung, das wichtige Rückspiel der Young Boys ausschliesslich im Pay-TV zu bringen. Da das Schweizer Fernsehen (SRF) für die Partie keine Rechte hatte und auf dem Gratissender «Teleclub Zoom» die Partie zwischen Dynamo Kiew und Ajax Amsterdam lief, guckten alle Fans ohne Swisscom- oder Teleclub-Abonnement in die Röhre.
Muss man wirklich Teleclub Geld überweisen, um Schweizer🇨🇭Clubs siegen zu sehen? #DZYB @srfsport
— Felix Landert (@FelixLandert) August 28, 2018
Wie mich diese Pay TV Sender. aufregen😑 #teleclub #CL #ZAGYB
— justjoje (@justjoje1) August 28, 2018
Viel spaß, eins ist klar solange ich für CL zahlen muss solange werde ich halt verzichten Teleclub geht es nur um die kohle echt zum kotzen aber dieser schuss geht nach hinten los, für was soll ich Ayax schauen?
— grütter (@grtter3) August 28, 2018
Wie hat sich Teleclub in seiner ersten eigenen Champions-League-Sendung geschlagen?
Teleclub zeigt dieses Jahr alle Spiele der Champions League mit einem eigenen Studio und behandelt die Spiele sicher intensiver, als das das SRF getan und gekonnt hätte. In der Gruppenphase und den späteren Runden der Champions League eine feine Sache. Aber braucht es das bereits in den CL-Playoffs? Interessieren sich in der Schweiz Leute für das Spiel zwischen AEK Athen und dem FC Vidy? Wir wagen es zu bezweifeln.
Roman Kilchsberger ist das Aushängeschild der Champions League auf Teleclub. Der langjährige SRF-Moderator (diverse Gameshows, «Donnschtig-Jass») bringt viel Erfahrung mit. Das zeigt sich auch in der Sendung: Er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und ist sich auch nicht zu schade, seine Experten verbal «abzugrätschen», wenn sie einen langen Monolog halten wollen.
Allerdings muss sich der Zürcher wohl noch etwas an seine neue Rolle gewöhnen. «Wir wollen Stammtisch-Groove», sagte Kilchsberger im Vorfeld der Sendung. Dafür ist der Moderator aber noch etwas zu sehr im «hyperaktiven» Gameshow-Modus, der nicht wirklich zu seiner entspannten Expertenrunde passt.
Für die gestrigen Affichen wartete Teleclub gleich mit fünf Experten auf – zwei davon in einem Aussenstudio (dazu beim nächsten Punkt mehr). Es waren dies Marcel Reif, Rolf Fringer, Ex-Schiedsrichter Urs Meier, Pascal Zuberbühler und Mladen Petric. Reif und Fringer waren sehr kompetent und können mit dem SRF-Experten-Duo bestehend aus Peter Knäbel und Benjamin Huggel mithalten.
Von Meier wünscht man sich noch mehr pointierte Aussagen, für die er eigentlich bekannt ist. Insbesondere, wenn es wie gestern um umstrittene Schiedsrichterentscheide geht. Petric und Zuberbühler kamen im Aussenstudio kaum zum Einsatz.
Und damit wären wir bei diesem Punkt. Teleclub betreibt bei seinen Champions-League-Sendungen nicht eines, sondern gleich zwei Studios. In Volketswil moderiert Roman Kilchsberger mit drei Experten. Zusätzlich senden Gianni Wyler, Mladen Petric und Pascal Zuberbühler gestern aus einem zweiten «Studio» mit Public Viewing aus Olten. Während den restlichen Spielen wird dieses zweite Studio in Zürich sein.
Warum macht man bei einem YB-Spiel das zweite Studio in Olten und nicht in Bern? Was sollte dieses Aussenstudio genau bringen? Stimmung wurde nicht wirklich vermittelt. Und wäre es nicht besser gewesen, einen zweiten Moderator und vielleicht einen weiteren Experten nach Zagreb zu schicken, um die Stimmung vor Ort zu vermitteln? So war das Aussenstudio nichts als Verschwendung von Personal. Organisiert hatte das Public Viewing übrigens die Swisscom anlässlich eines Netzausbaus in Olten.
Wie das SRF während der WM setzt auch Teleclub in seinem Studio auf einen Social-Media-Desk. Dafür verantwortlich ist beim Pay-TV-Sender Meriame Terchoun – Fussballerin beim FC Zürich und Nationalspielerin. Die 22-Jährige machte ihre Sache gut. Sie wirkte natürlicher als beispielsweise Annette Fetscherin beim Schweizer Fernsehen.
Das Problem ist, dass diese Inputs aus den sozialen Netzwerken in der Schweiz einfach nicht gut funktionieren. Es gibt im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland oder England einfach zu wenige Posts auf Twitter und Co., so dass Terchoun mehrheitlich auf Beiträge von Spielern oder den Klubs zurückgreifen muss. So ist ein Social-Media-Desk kein Mehrwert.
Gestern Abend kommentierte Beat Signer das Spiel der Young Boys aus Zagreb. Er machte das kompetent, unaufgeregt und dennoch mit der nötigen Prise Emotionen. Dass zwischendurch Tonprobleme auftraten, lag am kroatischen Signal, dafür konnte er nichts. Auch der Rest des Kommentatoren-Teams, unter anderem Michael Fritschi und Dani Wyler, ist auf Augenhöhe mit jenem des SRF.
Nachdem der historische Erfolg der Young Boys Tatsache war, wartete man als Zuschauer von Teleclub lange auf die ersten Stimmen der Berner Akteure. Irgendwann gab dann Trainer Gerardo Seoane doch noch Auskunft. Insgesamt waren es aber zu wenige Stimmen und auch auf Einblicke in die YB-Feierlichkeiten wartete man vergebens.
Das war sicher dem Umstand geschuldet, dass Kommentator Beat Signer alle Interviews selbst führen musste und ihm kein zusätzlicher Reporter zur Seite stand. Da hat Teleclub noch Verbesserungspotential für die Gruppenphase.
Ob man einen Champions-League-Abend auf SRF oder auf Teleclub schaut, macht für den gewöhnlichen TV-Zuschauer eigentlich keinen Unterschied – sofern man die Spiele überhaupt schauen kann. Bei beiden Sendern gibt es kompetente Experten, Moderatoren und Kommentatoren. Bei Teleclub ist noch nicht alles perfekt. Das konnte man bei den ersten zwei Sendungen aber auch nicht erwarten.
Wenn die TV-Macher in Volketswil aus ihren ersten Erfahrungen lernen und entsprechende Verbesserungen anbringen – beispielsweise das zweite Studio hinterfragen – kann Teleclub zu einer würdigen Adresse für die Königsklasse werden.