Dass Psychologen selber einen Knall haben, habe ich oft gehört – und nie geglaubt. So wähne ich mich bereits im sexuellen Paradies, als mir Cedric über den Weg läuft. Cedric ist der Cousin meiner Freundin Linda.
Dem Himmel sei Dank, dass ich an diesem sonnigen Donnerstag mit Linda in der Badi sitze, als Cedric einen Feierabendschwumm machen will. Er ist alleine hier. High five, Amor.
Cedric und Linda lästern über ihre Verwandtschaft. Sie tun das auf eine sehr amüsante Weise. Cedric ist kein Typ für die Liebe auf den ersten Blick. Beim fünften aber hat er mich. Wegen seines Charmes, seiner Eloquenz und, schuldig im Sinne der «Als obs darauf ankommt!»-Anklage, wegen seines Jobs. Cedric ist Sexologe. Und Psychologe.
Linda hat morgen Frühschicht. Sie verabschiedet sich früh. Läuft wie am Schnürchen, finde ich. Cedric und ich spazieren zum See, wo wir noch einmal ins Wasser springen. Cedric baggert mich null an. Es fühlt sich mehr an, als wären wir gute alte Freunde.
Verunsichert mich.
Finde ich doof.
In meiner Welt habe ich ihn nämlich schon längst zum G-Punkt-Kenner und Sexgott erklärt. Eine Nanosekunde lang habe ich mir sogar überlegt, ihn zu heiraten. Wenn ja jemand weiss, wie man Beziehungen nicht an die Wand fährt, dann ja ein Psychologe Schrägstrich Sexologe.
Unser Spontan-Date endet so schnell und unverhofft, wie es angefangen hat. Kurz vor 23 Uhr verabschiedet sich Cedric. Bevor ich nach seiner Nummer fragen kann, ist er schon auf seinem grasgrünen Rennvelo verschwunden.
Leicht angepisst wegen der Tatsache, dass ich nicht rausfinden werde, ob der Sexologe auch ein Sexgott ist, gehe ich ins Bett. Am nächsten Morgen habe ich eine Follower-Anfrage auf Instagram. Von Cedric. Ich nehme ihn an und keine halbe Stunde später hat er 20 Bilder geherzt, ein paar Emojis verteilt und eine private Nachricht geschickt.
Ob so viel Gestalke wird mir leicht Angst und Bange.
«He Emma, schön, dich getroffen zu haben», schreibt er. «Wenn du Lust hast, würde ich dich gerne wieder sehen. Mir ist es wichtig, mit offenen Karten zu spielen. Ich bin verheiratet. Meine Frau und ich leben polygam.» Er sei nicht auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer. «Ich/Wir haben viel Liebe zu geben. Gerne auch langfristig!»
Sexuell seien sie sehr aufgeschlossen. Von Strap-on-Sessions bis zu wochenendlangen Fetisch-Zeremonien. Sie seien für alles offen. Er habe seiner Frau auch schon ein Bild von mir gezeigt. «Lecker», sagte sie.
Mir fällt ein, dass ich gestern erwähnt habe, dass ich mich sexuell sehr wohl auch zu einer Frau hingezogen fühlen kann – sofern noch ein Mann dabei ist.
Für Cedric hat diese Aussage gereicht, um mich in den Inner Circle seiner Ach-so-offenen-und-hippen-coolen-modernen-Beziehung reinzulassen. Da will ich aber gar nicht hin. Was ich ihm freundlich mitteile und mich zurückziehe.
Nun ghostet er mich. Ich könnte darüber nicht glücklicher sein.
Zwei Wochen später, ich habe Cedric längst vergessen, erreicht mich eine weitere Nachricht. Und zwei Bilder. Eines von ihm und seiner Frau. Knutschend. Das zweite zeigt ebenfalls die beiden. Und mich. Sie haben mich zwischen sich gephotoshoppt.
Da fällt mir der Spruch wieder ein, der besagt, dass Psychologen selber einen Knall haben. Der Spruch ist wohl, weiss ich jetzt, doch wahr.
Wahr ist aber auch, dass mir die Sexologe-G-Punkt-Frage keine Ruhe lässt. Ich disponiere jetzt um. Und setze neu auf einen Arzt. Schulmedizin und Fachwissen statt Gspürsch-mi-Shizzle. Bei «Grey’s Anatomy» geht diese Rechnung auch auf.
PS: Ärzte dürfen/sollen sich doch sehr sehr sehr gerne unter emma-amour@watson.ch melden. ;-)
Adieu,
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch