Was jetzt kommt, ist sehr reflektiert und deswegen sehr wahr: Ich, Emma Amour, bin uncool. Und unlocker. Ich kann gut von mir als personifizierte Unsicherheit reden. Vor allem dann, wenn ich auf Ex-Geschichten treffe – und dabei scheisse aussehe. Nach dem Sport zum Beispiel. Oder zerknautscht am Sonntagmorgen beim Bäcker.
Neulich ist es wieder mal soweit. Nach einer Stunde Bikram-Yoga schwitze ich wie Sau, meine Haare kleben, Schminke habe ich schon lange keine mehr im Gesicht. Von der Kälte aber läuft meine knallrote Nase. Dummerweise habe ich meine Mütze vergessen. Ich kann mich also nicht einmal ein bisschen verstecken, als ich über den Helvetiaplatz hetze. In Gedanken liege ich schon in der heimischen Wanne. Entspannt, zufrieden, zen.
Es kommt anders. «Hey, Emma», ruft jemand hinter mir. Ich kenne die Stimme. Sie gehört zu einem Typen, mit dem mich mal eine Freundin verkuppeln wollte. Wir trafen uns auf einen Drink. Ein netter Abend. Einer. Weil: Funke nicht übergesprungen. Warum er hier und jetzt reden will, ist mir suspekt. Statt mich umzudrehen und selbstbewusst meine Frau zu stehen, verschnellere ich mein Tempo. Bevor ich wirklich weiss, wie ich aus diesem Kack hier rauskomme, bin ich mittendrin.
Als wäre meine Flucht nicht peinlich genug, schreibt er mir am gleichen Abend noch und will wissen, ob ich ein Problem habe. Ich stelle mich unwissend. Dann schiebe ich die Verantwortung auf meine Kopfhörer. Und erweitere um ein «Ich hätte mega gerne mit dir geredet, hab dich aber einfach nicht gehört. Sorry.»
Ich weiss. Schlecht.
Ich kann noch schlechter. Letztens im Supermarkt. Wieder eine After-Sport-Situation. Ich will nur husch Tampons und Schokolade – okay, vor allem Schokolade – kaufen, als ich ihn höre. Meinen Ex-Freund. Mit seiner Neuen.
Wir erinnern uns. Ich hab die beiden schon mal in der Post getroffen. Nun, hier und jetzt bin ich nicht scharf auf Konversation. Also schleiche ich mich hinter das allerletzte Gestell zum Putzmittel. Ich kenn ihn. Hier kommt er nicht her. Leider mache ich die Rechnung ohne die Neue. Ich schaffe es aber gerade noch, mir die Kapuze über den Kopf zu ziehen und meinen Blick sehr starr zu Boden zu richten. Irgendwie gelingt mir der Abgang.
Phuuu!
Die allerschlimmste Situation war noch einmal eine andere. Vergangenen Frühling matchte ich einen Typen auf Tinder. Und dann schrieben wir auf Whatsapp, Facebook, Instagram, bla bla bla. Wir wussten also noch vor dem ersten Treffen, wie wir aussehen. Soweit alles easy. Verabredet waren wir an einem Donnerstagabend.
Am Mittwoch vorher chillte ich bei einem Freund. Im Trainer. Ungeschminkt. Das Haar natürlich fettig. Ich meine, who cares? Auf dem Heimweg jedenfalls will ich in den Bus steigen, als ich merke, dass der Tinder-Typ im Bus steht. Er schaut mich an, ich ihn, ich bin sicher, dass er es ist, er überlegt noch.
Was dann passiert, halte ich selber auch für massiv gestört: Ich drehe mich um und – renne. So, dass ich in zwei Passanten reinrenne. Die mich, zu Recht, dumm anmachen. Kriegt er mit. Er will sich gerade einmischen, als ich nur noch «Sorry zämme» hauchen und erneut wegsecklen kann.
Das letzte Mal flüchtete ich übrigens vor weniger als 24 Stunden. Wieder eine ÖV-Situation. Wieder will ich einsteigen, als mir ein anderer Ex (der Nervigste von allen) entgegenkommt. Ich mache auf dem Absatz kehrt und renne. Und renne. Und renne. Kurz vorher habe ich mich von Cleo verabschiedet. Die mich nun aus dem Tram rennen sieht.
Ich spüre mein Handy im Füdlisack vibrieren. Erst als ich mich in Sicherheit wiege, gehe ich ausser Atem ran. «OMG, wirst du verfolgt oder warum um alles in der Welt rennst du durch die Stadt?», «Frank!», antworte ich. «Alles klar», sagt sie. Und: «Wirst du dich jemals ein bisschen entspannen?»
Gute Frage.
Wahrscheinlich nicht.
(Obwohl ich gerne würde.)
Vielleicht sollte ich mich mal wieder mit meiner Freundin Clara, der Therapeutin, zu Wein, Zigaretten und Real Talk treffen.
PS: Jetzt bereue ich übrigens sehr, dass ich das Date mit dem tollen Tinder-Typen von der Bushaltestelle nach meinem grässlichen Auftritt abgesagt habe. Wer jetzt also die beste Idee hat, wie ich den Guten reaktivieren kann, ohne mich massiv zu blamieren, kriegt einen Schokokuchen.
Adieu,
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch