Als Erstes müsst ihr entscheiden, welche Frühstücksflocken besser schmecken. Später wird es ernster: Wollt ihr im Rausch von einem Dach springen? Den Vater des Protagonisten killen? All das geht beim interaktiven «Black Mirror»-Film «Bandersnatch». Keine Frage, Netflix hat damit ein ziemlich einmaliges Streaming-Erlebnis geschaffen – eure Entscheidungen bestimmen den Ausgang einer düsteren Story rund um einen Computerspiele-Programmierer. Und Netflix hat genau zugesehen, wie ihr über dessen Schicksal entschieden habt.
Das Unternehmen erklärte gegenüber dem Tech-Magazin Motherboard: Man habe die Entscheidungen seiner Zuschauer gespeichert, «um die Möglichkeiten des Storytellings in Verbindung mit Shows und Filmen zu verbessern». Kritischer sieht das ein Sicherheitsforscher des University College in London.
Michael Veale wollte Gerüchten um den Netflix-Plan hinter «Bandersnatch» nachgehen und stellte eine Anfrage nach dem neuen EU-Datenschutz-Gesetz. Und tatsächlich, Netflix musste seine Daten herausrücken.
Remember everyone quickly speculating whether Black Mirror: Bandersnatch was a data mining experiment. I used my GDPR right of access to find out more. (short thread) #Bandersnatch
— Michael Veale (@mikarv) 12. Februar 2019
Gegenüber Motherboard erklärt der Sicherheitsforscher, es sei schwierig gewesen, an die Daten zu kommen. «Ich musste sehr spezielle Fragen stellen», sagt er. Weder habe Netflix ihm aber mitgeteilt, wie lange es die Daten speichern will, noch was genau damit passieren wird.
«Sie haben auch eindeutig keine Anonymisierung vorgenommen», sagt Veale. Netflix wisse jetzt also von jedem seiner Zuschauer persönlich, wer dem Show-Charakter aus «Bandersnatch» etwa die Einnahme von Drogen, den Selbstmord oder den Mord am eigenen Vater empfohlen hat.
Schon länger fragen sich Kritiker, ob Netflix mit seinem Kult-Film auch eine wirtschaftliche Agenda verbindet. Solche Echzeit-Daten über das Verhalten der Zuschauer könnten dem Unternehmen für die Zukunft mehr als nützlich sein.
(mbi)