Eine Natur-Dokumentation zieht das Netflix-Publikum in den Bann. In der achtteiligen Serie «Unser Planet» wird der Zuschauer an die atemberaubendsten, entlegensten aber auch bedrohtesten Orte des Planeten geführt.
Vier Jahre lang fing eine Crew von über 600 Mitarbeitern spektakuläre Bilder ein, welche im April dieses Jahres veröffentlicht wurden. Entstanden ist ein Meisterwerk, nicht zuletzt dank der Stimme von Sir David Attenborough, der mit viel Feingefühl durch Dschungel, Eis und Tiefsee führt. (Auch der deutsche Erzähler ist übrigens sehr gut.)
«Unser Planet» zeigt auf eindrückliche Weise, welche Auswirkungen das Handeln des Menschen auf die Flora und Fauna hat. Wenn Staudämme gebaut, Wälder gerodet oder Flüsse verschmutzt werden, hat dies oft verheerende Konsequenzen für das ökologische Gleichgewicht, das sich während Millionen von Jahren eingependelt hat.
Die Serie verzichtet jedoch darauf, lediglich Horrorszenarien zu verbreiten. Bewusst wird auch aufgezeigt, dass vieles möglich ist, wenn Massnahmen ergriffen werden und die Natur geschützt wird.
Grundsätzlich legen wir es dir ans Herz, alle acht Episoden anzuschauen, jede Sekunde ist sehenswert. Dementsprechend schwer fällt es, fünf Highlights herauszupicken. Versucht haben wir es trotzdem. Die gewählten Szenen sollen einen groben Umriss zeichnen, um was es in der Serie geht.
In einem grossen Teil von «Unser Planet» werden Aufnahmen von Tieren und Landschaften gezeigt, die der durchschnittliche Netflix-Konsument so wohl noch nie zu Gesicht bekommen hat. Wunder der Natur, die es sich zu schützen lohnt, so Attenborough.
Ein Theaterspektakel vom Feinsten bietet etwa der Blaubrustpipra. Um ein Weibchen zu erobern, bietet der Vogel drei männliche Kollegen auf, die sie mit einem Tanz beeindrucken sollen. Dabei wird jeder Flügelschlag perfekt einstudiert, die «Wingboys» trainieren ihren Auftritt tagelang.
Ist der Anführer zufrieden und nähert sich ein Weibchen, geht die Vorstellung los. Die Vögel rutschen auf einem Ast nach vorne, bis zum Weibchen, heben dann ab und fliegen wieder auf den hintersten Platz zurück.
We interrupt your Twitter timeline with some very important bird content from @ourplanet. You're welcome. pic.twitter.com/eracyhUbv5
— Twitter TV 🐉⚔️ (@TwitterTV) April 4, 2019
Am Ende gibt der Anführer ein Signal, worauf die Männergruppe auf die Antwort des Weibchens wartet. Ist sie zufrieden mit der Performance, darf sich der Chef mit ihr paaren. Das nennt sich Teamwork!
Machen wir einen Sprung in Afrikas Salzwüsten. Normalerweise staubtrocken und lebensfeindlich wie eine Mondlandschaft. Doch wenn es mal regnet, entstehen temporäre Seen und locken aus tausenden Kilometern Flamingos an.
Die Vögel nutzen das Gewässer, um zu brüten. Da der Salzgehalt derart hoch ist, trauen sich keine Jäger heran. Die Bedingungen sind allerdings nur alle zehn Jahre ideal – und wegen des Klimawandels wird das Zeitmanagement für die Vögel noch schwieriger. Denn der Regen wird unregelmässiger.
Für die Flamingos ist das ein Problem: Ist der See etwa zu schnell ausgetrocknet, müssen die jungen Tiere kilometerweit marschieren, um wieder Wasser zu erreichen.
«Unser Planet» zeigt ein Kücken, das aus der Gruppe gefallen ist. Um seine Beine hat sich eine dicke Salzkruste gebildet, er versucht zunächst zwar noch Schritt zu halten, fällt am Ende aber erschöpft hin.
Nicht nur für Tierliebhaber eine herzzerreissende Szene, die offenbar viele Zuschauer zu Tränen gerührt hat.
Netflix sah sich ob der zahlreichen Reaktionen auf Social Media dazu gezwungen, einen Tweet abzusetzen, worin vor besonders aufwühlenden Szenen gewarnt wird.
As you make your way through @OurPlanet, here are some moments animal lovers may want to skip:
— Netflix US (@netflix) April 10, 2019
One Planet: 16:04 - 16:43
Frozen World: 16:29 - 17:47, 32:50 - 33:45, 48:45 - 51:00
Fresh Water: 26:10 - 27:09
Deserts and Grasslands: 28:45-29:10
High Seas: 37:42-37:52
Nichts für schwache Nerven ist auch die nächste Sequenz. Im Norden Russlands hat die Filmcrew Walrösser gefilmt, die wegen des Klimawandels immer näher zusammenrücken müssen. Wo früher eine grosszügige Eisfläche war, sind heute vielfach nur noch Felsen vorzufinden. Der Platz ist gefährlich knapp geworden.
In «Unser Planet» sind tausende Tiere zu sehen, die sich auf engstem Raum die Plätze streitig machen. Die Walrösser verletzen sich dabei teils lebensgefährlich.
Einige der Raubtiere weichen aus der Not auf höher gelegene Felsen aus. Dabei klettern sie bis zu 80 Meter in die Höhe, auch wenn das nicht in ihrer Natur liegt.
Um sich zu ernähren, müssen die Walrösser wieder zurück ins Meer. Jedoch sind zahlreiche Tiere nicht in der Lage, unbeschadet aus der Höhe herunterzusteigen. Oftmals fallen sie vom Felsen meterweit in die Tiefe und ziehen sich dabei fatale Verletzungen zu.
Dieser Anblick war so schwer zu ertragen, dass selbst der Filmcrew die Tränen kamen. Wenn du es dir trotzdem antun möchtest, bitte sehr:
Szenenwechsel: Dschungel von Sumatra, Indonesien. «Unser Planet» hat dort eine Orang-Utan Familie begleitet. Die intimen Aufnahmen zeigen, wie nahe uns diese Affen sind und wie aufwendig die Erziehung eines Jungtiers ist.
Der kleine «Eden» und sein Cousin Louis müssen von den Eltern lernen, wie man richtig klettert und Nahrung findet. Es dauert zehn Jahre, bis sie komplett selbstständig sind.
We are all connected. It's #OurPlanet. 🐒 pic.twitter.com/7tApdjTYBN
— Our Planet (@ourplanet) November 21, 2018
Von Sekunde zu Sekunde schliesst der Zuschauer die Orang-Utan-Familie mehr ins Herz, ehe die Regie einen brutalen Schwenker macht und eine riesige Palmölplantage am Rande des Regenwalds zeigt.
«Louis und Edens Generation könnte die letzte in freier Wildbahn sein», mahnt der Sprecher. Denn der Wald der Orang-Utans sei in den vergangenen 40 Jahren um 75 Prozent geschrumpft.
Besonders stark war der Rückgang des tropischen Regenwaldes auch auf der Insel Borneo. Der Mensch vernichtete durch den Anbau von Monokulturen in den vergangenen 50 Jahren über 50 Prozent des Waldes. Mit dramatischen Folgen für unsere nächsten Verwandten: Alleine in den vergangenen 16 Jahren sind auf der Insel 100'000 Orang-Utans verschwunden.
Doch wie bereits eingangs erwähnt, ist die Serie nicht per se schwarzmalerisch. Immer wieder werden Gegenden gezeigt, wo Massnahmen ergriffen wurden und sich die Natur erholt hat. Vor allem bei Fischerei-Stopps konnten lokal massive Erfolge gefeiert werden.
Ganz zum Schluss entführt «Unser Planet» den Zuschauer nach Tschernobyl. Im Jahr 1986 ereignete sich dort eine Nuklearkatastrophe, welche die Gegend weiträumig unbewohnbar machte. Der Mensch verschwand – und siehe da, die Natur eroberte sich das Gebiet zurück.
Nach nur zehn Jahren war der Wald wieder da. In der Folge kamen auch die Tiere wieder. Heute leben in der Geisterstadt Hasen, Vögel, Rehe, Pferde und sogar Wölfe.
Studien zufolge leben in der Sperrzone derzeit sieben Mal mehr Wölfe als ausserhalb. In nur 30 Jahren wurde Tschernobyl wieder von der Natur in Besitz genommen.
Zu guter Letzt meint Attenborough deshalb: