Die Grippewelle rollt in der Schweiz mit voller Kraft auf ihren Höhepunkt zu. In zahlreichen Betrieben fehlen Mitarbeiter aufgrund der Influenza. Aber auch eine gewöhnliche Erkältung kann einen schnell einmal für ein paar Tage flach legen.
In den meisten Fällen muss spätestens nach ein paar Tagen Krankheitsabsenz ein Arztzeugnis vorgelegt werden. Für den kranken Mitarbeiter bedeutet dies einen mühseligen Gang zum Arzt, auch wenn ein solcher aus Gesundheitsgründen gar nicht nötig wäre.
Umgekehrt tragen Arztbesuche dazu bei, die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe zu treiben. Zudem besteht auch die Gefahr, dass in der Arztpraxis Personen angesteckt werden, die zu einer Risikogruppe gehören: Kleine Kinder etwa oder alte Menschen.
Die Versicherung Baloise geht nun einen neuen Weg. Ihre Mitarbeiter müssen erst am dem elften Krankheitstag ein Arztzeugnis vorlegen.
Die Massnahme sei einerseits vertrauensfördernd gegenüber den Mitarbeitern und anderseits ein Beitrag gegen die ausufernden Gesundheitskosten, sagte ein Mediensprecher gegenüber dem SRF Regionaljournal Basel.
Aber was gilt eigentlich in Sachen Krankheit am Arbeitsplatz? Wir beantworten dir die wichtigsten Fragen zum Thema.
Eine juristische Regelung dazu existiert nicht, die Frage wird üblicherweise im Personalreglement oder im Arbeitsvertrag geregelt. Gängig sind drei bis fünf Tage, viele Betriebe verlangen von ihren Angestellten aber auch schon nach einem Tag einen Attest.
Good to know: Wer in den Ferien krank ist, sollte das seinem Arbeitgeber ebenfalls melden. Ferientage bei Krankheit müssen nicht bezogen werden.
Vielleicht. Fachleute gehen davon aus, dass die Regelung des Basler Versicherungskonzerns auch dazu führen könnte, dass Angestellte weniger oft krank zur Arbeit gehen. Der sogenannte «Präsentismus» ist ein in der Arbeitswelt weitverbreitetes Problem. Gemäss einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz ging 2014 beinahe die Hälfte der Teilnehmer zur Arbeit, obwohl eine Krankheit noch nicht auskuriert war.
Ja, wie der «Beobachter» schreibt, kann seit 2014 beim Telemedizin-Zentrum Medgate ein Arztzeugnisse per Mail und ohne Arztbesuch angefordert werden. Die Richtlinien seien genauso streng wie bei einem Arztbesuch, betont ein Sprecher, ausserdem würden maximal drei Tage Arbeitsunfähigkeit so bescheinigt. Rund 130 Zeugnisse werden gemäss «Beobachter» pro Woche ausgestellt.
Grundsätzlich ist der Angestellte beweislastpflichtig, er bezahlt deshalb auch die Kosten für den Arztbesuch. Wie genau er dem Arbeitgeber seine Krankheit beweist, ist aber nicht festgeschrieben. Das Arztzeugnis hat sich als gängigste Form etabliert.
Es gibt aber auch Stimmen, die die Abwälzung auf den Angestellten kritisch betrachten und stattdessen dafür plädieren, die Kosten eines allfälligen Arztzeugnis dem Arbeitgeber aufzuerlegen. «Die Kosten, die entstehen, weil der Arbeitgeber ein Papier braucht, statt den Angaben des Mitarbeiters zu vertrauen, sollten dem Arbeitgeber belastet werden», forderte Eva Kaiser, Vorstandsmitglied des Verbands Haus- und Kinderärzte im «Beobachter».
Gemäss der bereits oben zitierten Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz fehlte im Jahr 2014 jeder Arbeitnehmer durchschnittlich 3.5 Tage wegen Krankheit oder Unfall. Das sind umgerechnet 187 Millionen Arbeitsstunden, die jährlich verloren gehen.
Grundsätzlich ja. Allerdings ist es in einigen Branchen Usus, Mitarbeitern während der ersten Krankheitstage keinen Lohn bzw. kein Krankentaggeld auszuzahlen. Dies ist gesetzlich dann erlaubt, wenn die betriebsinterne Regelung «mindestens gleichwertig» ist , wie der «Beobachter» festhält.
Genau Zahlen dazu existieren nicht. CVP-Nationalrätin Ruth Humbel reichte schon 2014 Jahren eine entsprechenden Vorstoss ein – seither ist Gras drüber gewachsen. Humbel kündigte im «Tages-Anzeiger» an, in der Frühlingssession nachzuhaken.
Wenn ein Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seines Angestellten hat, kann er gemäss Bundesgerichtsentscheid den Angestellten auf seine Kosten zu einem Vertrauensarzt seiner Wahl schicken. Sollte es zu einem Streitfall kommen, muss das Gericht entscheiden.
(wst)