Damit haben wohl die wenigsten gerechnet: Mit Jonas Projer verlässt eines der bekanntesten Gesichter die SRF-Studios am Leutschenbach. Der 37-Jährige wechselt spätestens per 1. September zur Blick-Gruppe, wo er die Leitung des Projekts «Blick TV» übernimmt.
Eins steht jetzt schon fest: Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Jonas Projer in der «Arena» muss in grosse Fussstapfen treten. Denn Projer ist es in den viereinhalb Jahren seines Wirkens gelungen, der zuvor schlingernden Diskussionssendung mit neuem Elan wieder zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen.
Er tat dies, indem er immer wieder ungewöhnliche Gäste einlud und sich auch beim Sendungsformat an Experimente wagte. Manchmal zahlte sich das aus, manchmal ging es auch in die Hose. Zwar gab es Politiker, die sich beklagten, die «Arena» sei unter der Leitung Projers zu boulevardesk geworden. Doch den Vorwurf, er mache eine langweilige Sendung, den musste sich Projer kaum je anhören.
Grund dafür waren zahlreiche denkwürdige Sendungen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Es war ein Eklat mit Ansage: Im Februar 2017 lud Projer den umstrittenen Historiker und Publizisten Daniele Ganser in die Sendung ein. Das Thema der Sendung war «Trumps Krieg gegen die Medien», diskutiert wurde die Frage, ob man der Presse noch vertrauen könne.
Die Sendung war noch keine 20 Minuten alt, als Projer seinem Gast Daniele Ganser vorwarf, nicht die Wahrheit zu sagen. Dieser habe sich via Twitter darüber beklagt, das SRF habe ihn im Rahmen der Wissenschaftssendung «Einstein» als Verschwörungstheoretiker diffamiert. Dabei habe er vorher dem SRF gegenüber ganz anderes mitgeteilt: Projer zeigte ein Mail von Ganser an den «Einstein»-Redaktor, in welchem Ganser den Beitrag über sich als «fair und sachlich» bezeichnete.
Ganser war empört und warf Projer vor, durch Kürzungen seine Aussagen zu verfälschen. Die Sendung bescherte dem Ombudsmann einen neuen Rekord: Bis Mitte März gingen 492 Beanstandungen ein. Ombudsmann Roger Blum sprach später von einer «missratenen ‹Arena›-Sendung». Projer sagte im watson-Interview, die Sendung habe ihn an seine Grenzen gebracht.
Insgesamt dreimal wurde in der «Arena» über die No-Billag-Initiative diskutiert. Klar, dass das Thema für den SRG-Angestellten Projer ein besonders heikles Pflaster war. Am heissesten zu und her ging es bei der dritten und letzten Sendung, vier Wochen vor der Abstimmung.
Initiant Olivier Kessler stellte laut der Sonntagszeitung zehn Minuten vor Sendebeginn die Forderung, dass er die damalige Medienministerin Doris Leuthard anstelle Projers befragen wolle. Schliesslich sei Projer ja als «Billag-Profiteur» befangen. Projer ging nicht darauf ein. Während der Sendung geriet er mit Kessler aneinander und warf diesem vor, bewusst Verwirrung zu stiften und die Ziele der Initiative falsch darzustellen.
Im November 2016 lud Jonas Projer vier Gäste dazu ein, über das Thema «Wer hat das Sagen im Land?» zu diskutieren. Einer davon war der deutsche Politiker Alexander Gauland, Co-Vorsitzender der rechtspopulistischen AfD. Ein anderer Gast wollte partout nicht den Platz neben Gauland einnehmen: SVP-Übervater Christoph Blocher.
Blocher sei nicht bereit, mit einem ausländischen Politiker an seiner Seite über Schweizer Politik zu diskutieren, sagte der damalige SVP-Generalsekretär: «Die SVP ist auf keine Art und Weise zu vergleichen mit der AfD. Blocher kennt Gauland nicht und er interessiert sich auch nicht für ihn.» Die Sendungsmacher reagierten laut Aargauer Zeitung auf die Drohung, in dem sie die Anordnung der Gäste umstellten. Statt dass sich je zwei und zwei Kontrahenten gegenüberstanden, wurden die Diskussionsteilnehmer nebeneinander gereiht. Blocher stand am einen Ende, Gauland am anderen.
Natürlich waren auch die Masseneinwanderungs-Initiative und ihre Nachwehen immer wieder Thema in der «Arena». In besonderer Erinnerung blieb dabei die Sendung vom März 2016, bei der der emeritierte Politologieprofessor und profunde EU-Kenner Dieter Freiburghaus nach wenigen Minuten nicht nur seinen Expertenstand, sondern gleich das Studio verliess.
Er hatte sich über die Wortmeldungen von FDP-Ständerat Philipp Müller genervt, packte seine Unterlagen und ging wortlos. FDP-Politiker Müller kommentierte konsterniert: «Bin ich jetzt tschuld, dass er gange isch?»
Auf Bitten Projers nahm Freiburghaus seinen Platz nach wenigen Minuten wieder ein und die Sendung konnte weitergehen.
«Burka – da sehen wir schwarz!»: Unter diesem für die «Arena» in der Projer-Ära typischen Titel luden die Sendungsmacher im Oktober 2017 drei Politiker und eine Islamwissenschafterin dazu ein, über das Verhüllungsverbot zu diskutieren. Diese taten das angesichts des brisanten Themas erstaunlich gesittet.
Zum bizarren Highlight der Sendung wurde ein Interview mit der via Telefon zugeschalteten «Frauenbeauftragten» des «Islamischen Zentralrats der Schweiz» (IZRS), Nora Illi. Während des Gesprächs zwischen Projer und der bekanntesten Burkaträgerin des Landes wurde stellvertretend für Illi eine mit einem Niqab eingekleidete Schaufensterpuppe eingeblendet.