Im ersten Halbjahr 2019 haben in der Schweiz Organe von 86 verstorbenen Personen transplantiert werden können - fünf mehr als in der selben Periode im Vorjahr. Hochgerechnet auf das ganze laufende Jahr würde das 172 Spenderinnen und Spendern entsprechen.
Insgesamt konnten 261 Organe im ersten Halbjahr 2019 transplantiert werden, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Montag mitteilte. Die Zahl der Personen auf der Warteliste ist dabei seit 2018 relativ konstant geblieben: Ende 2018 warteten 1412 Patientinnen und Patienten auf ein Organ, derzeit sind es 1417.
Zeit, die wichtigsten Fragen zum Thema Organspenden genauer anzuschauen und zu beantworten.
In der Schweiz gilt aktuell das Prinzip der expliziten Zustimmung. Wer seine Organe spenden will, muss dies ausdrücklich kund tun.
Zum Beispiel mit einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung.
Dann müssten, falls bei dir irgendwann einmal der Hirntod festgestellt wird und deine Organe für eine Transplantation in Frage kommen, deine Angehörigen für dich entscheiden – und zwar in deinem mutmasslichen Sinn. Es gilt: Der Wille des Verstorbenen ist massgebend.
Nein, man kann in der Karte ankreuzen, ob man seine Organe und Gewebe spenden will oder nicht. Man kann auch nur einzelne Organe für eine Transplantation zur Verfügung stellen. Oder aber man kann eine Vertrauensperson bestimmen, der man den Entscheid überlassen will.
Ins Portemonnaie, denk! Oder zwischen Handy und Schutzhülle.
Seit letztem Herbst kann man zusätzlich online in einem nationalen Register festhalten, ob man seine Organe spenden will oder nicht. Hier geht's zum Link.
Jugendliche ab 16 Jahren können einen Organspendeausweis ausfüllen, zuvor entscheiden die Erziehungsberechtigten über eine allfällige Organspende. Die Untergrenze liegt aus medizinischen und ethischen Gründen bei 28 Tagen, eine Altersobergrenze für Organspenden gibt es nicht. Rund 40 Prozent aller Spender waren letztes Jahr über 60 Jahre alt.
Die Zahl der Organspenden nahm in den vergangenen Jahren leicht zu. 2017 waren Organe von 145 Verstorbenen transplantiert worden. Im Jahr 2018 waren es 158 Personen und nun ist wieder ein Aufwärtstrend feststellbar.
Eben doch. Trotz Aufwärtstendenz: Rund 1400 Menschen warteten gemäss Swisstransplant Ende 2018 auf ein neues Organ. Gemäss der Stiftung sterben jährlich fast 100 Patienten, weil passende Organspender fehlen.
Mit dem Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» von Bund und Kantonen soll bis Ende 2021 eine Rate von 22 Spenderinnen und Spendern pro Million Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht werden. Die bisherige Entwicklung lässt erwarten, dass bis Ende 2019 die Rate von 20,2 erreicht wird.
Alle Organe werden vor der Entnahme auf ihren Gesundheitszustand, Funktionsfähigkeit und ihre Eignung geprüft. Auch Menschen mit Krankheiten können Organe spenden, ausgeschlossen sind nur Personen mit nicht behandelbaren Blutvergiftungen sowie Prionenerkrankungen (z.B. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit).
In deiner Spendenkarte oder im Onlineregister kannst du natürlich auch festhalten, dass du deine Organe im Todesfall nicht spenden möchtest. Oder aber du teilst deinen Angehörigen deinen Willen mit, oder setzt eine Patientenverfügung auf.
In der Schweiz werden Herz, Leber, Niere, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm transplantiert. Auch Gewebe kann transplantiert werden. In der Schweiz führen nur die sechs Universitätsspitäler in Zürich, Bern, Genf, Lausanne, St.Gallen, und Basel Transplantationen durch.
Die Initiative will zuallererst einmal die Zahl der Organspenden erhöhen. Das soll erreicht werden, indem die bisher geltende Zustimmungslösung durch eine Widerspruchslösung ersetzt wird. In Zukunft sollen also potentiell alle in Frage kommenden Menschen die Zustimmung vermutet werden – vorausgesetzt, sie äussern sich nicht explizit gegen eine Spende oder ihre Angehörigen wissen über den Willen Bescheid. Bei Sterbenden, die keine Willensäusserung dokumentiert haben, sollen weiterhin Angehörigengespräche durchgeführt werden.
Allerdings ist unklar, ob ein Wechsel zur Widerspruchslösung tatsächlich eine Erhöhung der Spenderrate zur Folge hätte. Swisstransplant erhofft sich von der Initiative vor allem auch eine Debatte über das Thema Organspenden.
Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative ab und setzt stattdessen auf die Aufklärungskampagne «Rede über Organspende: Deinen Liebsten zuliebe.» Wenn du linear TV schaust, hast du diese Werbung sicher schon gesehen:
Gut, denn Komiker und Stimmenimitator Stefan «Büssi» Büsser hat seine Meinung in der Arena ziemlich deutlich gemacht. Büssi, der möglicherweise selber irgendwann auf eine Organspende angewiesen ist und sich seit Jahren für steigende Spenderzahlen engagiert, ist sicher: Nur die Widerspruchslösung bewirke etwas.
Belgien, Frankreich und Österreich kennen die Widerspruchslösungen oder ähnliche Regelungen. In Deutschland wird aktuell über eine Änderung von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung diskutiert.
Die Organentnahme ist nur möglich, wenn bei dem Patienten der Hirntod festgestellt wurde.
Dieser tritt ein, wenn die Funktionen des Gehirns irreversibel ausgefallen sind, das Gehirn also nicht mehr durchblutet wird und die Hirnzellen somit absterben. Das kann etwa bei Hirnblutungen oder unfallbedingten Verletzungen geschehen.
Die Diagnose muss von zwei von der Transplantation unabhängigen Medizinern festgestellt worden sein. Gleichzeitig müssen die Organe mittels künstlicher Beatmung und kreislaufstützenden Medikamenten am Leben gehalten werden.
In Deutschland gab es in den letzten Jahren eine Handvoll Fälle, bei denen fälschlicherweise der Hirntod festgestellt worden war. In einem Fall wurde der Fehler erst kurz vor der Organentnahme festgestellt. In der Schweiz ist diesbezüglich kein ähnlicher Fall bekannt.
In der Schweiz will Äpol, ein Verein von Ärzten und Pflegefachleuten, die Organentnahme bei Hirntoten komplett verbieten. Das menschliche Leben müsse unantastbar sein, so Äpol. Zudem werde der natürliche Sterbeprozess gestört, weil die Angehörigen in den letzten Sekunden vor dem Tod nicht mehr bei den Sterbenden sein dürfen. Dies, weil die Organe in lebendem Zustand sein müssen.
Vertreter von Organspendeorganisationen warnen vor einem solchen Schritt. Patienten, die auf ein gesundes Organ angewiesen sind, müssten dann für eine Operation ins Ausland ausweichen.
Dann kann eine Organspende nach Herz- und Kreislaufstillstand in Frage kommen. Wenn die Prognosen für eine Therapie aussichtslos sind, kann nach Abklärung aller Voraussetzungen im Operationssaal eine Transplantation beschlossen werden.
Beim Herz- und Kreislaufstilland müssen zwei Ärzte nach dem Vieraugenprinzip und unabhängig vom Transplantationsteam den Herz- und Hirntod feststellen. Nach dem Kreislaufstillstand ist eine Wartezeit von fünf Minuten, die sogenannte no-touch-Periode gesetzlich vorgeschrieben. Erst danach kann die Transplantation durchgeführt werden.
Niemand. Organspenden sind unentgeltlich. Das Transplantationsgesetz verbietet den Handel mit Organen.
Bislang ist der Organspende-Ausweis eines der Mittel, mit denen man einer Organspende seine Zustimmung oder Widerspruch geben konnte. Neu kann man sich auch in einem nationalen Organspenderegister eintragen und dort seinen Willen festhalten.
Laut einer Umfrage von Swisstransplant sind 91 Prozent der Bevölkerung positiv eingestellt gegenüber Organspenden.
Eben nicht. Nur gerade 30 Prozent haben geregelt, was mit ihren Organen nach dem Ableben passieren soll. Wenn Angehörige dann entscheiden müssen, lehnen sie in über 60 Prozent der Fälle eine Organspende ab. Aus Angst, den Willen des Verstorbenen nicht zu respektieren.
Immer wieder hört man, dass wohlhabende Patienten bei der Spendenvergabe bevorzugt werden. Massgebend ist jedoch das seit 2007 gültige Schweizer Transplantationsgesetz. Vier Kriterien entscheiden über die Zuteilung von Organen:
Ein Computerprogramm, das Swiss Organ Allocation System, berechnet anschliessend die Rangliste der Patienten und Zuordnung der Organe.
Nein. Zwar geht man davon aus, dass Hirntote kein Schmerzempfinden mehr haben. Weil das intakte Rückenmark aber noch über Muskelreflexe verfügt, werden die Operationen unter Vollnarkose durchgeführt.
(wst)