Sport
US-Sports

NFL:Wie sich Brady und seine Patriots neu erfunden haben

Patriots-Headcoch Bill Belichick herzt seinen Quarterback Tom Brady.
Patriots-Headcoch Bill Belichick herzt seinen Quarterback Tom Brady.bild: screeenshot youtube

Wieder im Super Bowl – wie sich Brady und seine Patriots neu erfunden haben

Die New England Patriots haben sich zum vierten Mal in fünf Jahren für den Super Bowl qualifiziert. Das Team um Star-Quarterback Tom Brady hat sich neu erfunden: Als Aussenseiter.
22.01.2019, 21:01
nicola berger / ch media
Mehr «Sport»

Ausgerechnet in den USA, der globalen Speerspitze des Raubtierkapitalismus, sind die Strukturen in den grossen Profisportligen auf Parität ausgelegt: Salärobergrenzen, das brillante Draftsystem, mit dem die schwächsten Teams nach der Saison zuerst die besten Talente auswählen dürfen.

Das alles macht es fast unmöglich, eine Dynastie zu erschaffen. Doch für die New England Patriots um Coach Bill Belichick und Quarterback Tom Brady haben die Gesetze dieser Welt keine Gültigkeit. Die Organisation hat das mehr als einmal sehr wörtlich genommen und sich mit illegalen Mitteln – «Spygate» und «Deflategate» – Vorteile verschafft.

Das Vermächtnis der beiden Männer überstrahlt diese Fehltritte indes längst. Mit einem dramatischen 37:31-Sieg nach Verlängerung über die Kansas City Chiefs sicherte sich das Team in der Nacht auf Montag den dritten Superbowl-Einzug in Folge – und den vierten in fünf Jahren.

Am 3. Februar winkt in Atlanta gegen die Los Angeles Rams der sechste Titel der Ära Belichick/Brady; ein bisschen wirkt es, als könne man sich beim grössten eintägigen Sportereignis der Welt, diesem Fest des Gigantismus, auf zwei Dinge verlassen: In der Halbzeitshow mit grotesk-grellen Darbietungen furchtbarer Musiker – in diesem Jahr ist es die Band Maroon 5 – gequält zu werden. Und die Teilnahme der Patriots.

Ein Sieg in Atlanta wäre der erstaunlichste, vielleicht auch der wertvollste Triumph. Denn in dieser Saison musste sich das Team neu erfinden: Als Aussenseiter. Nach der empfindlichen 33:41-Niederlage im 52. Superbowl vom Februar 2018 gegen die Philadelphia Eagles wurden allerlei Hymnen auf den anstehenden Niedergang der Patriots angestimmt.

Der Abschwung wird fraglos kommen, wenn Brady, Belichick und Tight End Rob Gronkowski in den Sonnenuntergang reiten. Doch noch einmal ist es dem Team gelungen, die Wachablösung zu verschieben.

Dabei hatte die «Washington Post» noch im Dezember geschrieben, die Dynastie der Patriots sei «am Verblassen». In Kansas City war New England am Sonntag bei den Buchmachern deutlicher Underdog – aus guten Gründen: Die Defensive ist sehr mittelmässig. Und Tom Brady ist inzwischen 41 Jahre alt, der mit Abstand älteste Quarterback der Liga.

Gewiss, der «GOAT» sieht nicht so aus – er verzichtet auf Zucker, Alkohol, Koffein sowie Milchprodukte und verspeist dafür gerne Avocadoglacé – aber der Alterungsprozess lässt sich mit keiner noch so rigiden Diät aufhalten. Die Patriots erlebten Turbulenzen, der von Suchtproblemen geplagte Wide Receiver Josh Gordon etwa verliess das Team vor wenigen Wochen aus «persönlichen Gründen» – er war eine der wichtigsten Figuren in Bradys Offensive. In Kansas war der Grandseigneur der Quarterback-Gilde nicht perfekt, bei weitem nicht, doch einmal mehr gelang es ihm, in den entscheidenden Momenten seine ganze Qualität auszuspielen.

Die Highlights des AFC Championship Game.Video: YouTube/NFL

Der Erfolg, dieser verblüffende erneute Vorstoss ins Endspiel, ist aber vor allem das Machwerk Belichicks. Der Disziplinfanatiker ist für seine Strenge gefürchtet, aber vor allem ist er ein brillanter Stratege. Für jede Partie knobelt er eine neue Taktik aus; die Patriots sind das am schwierigsten auszurechnende Team der NFL. Für den Rest der Liga muss der anhaltende Erfolg der Franchise aus der Metropolregion Boston etwas Ermüdendes haben. Doch zum Neid mischt sich auch Bewunderung: Eine Dynastie, wie sie die Patriots erschaffen haben, dürfte es in der NFL nicht noch einmal geben.

Die 25 besten Quarterbacks aller Zeiten

1 / 27
Die 25 besten Quarterbacks aller Zeiten
Das «Wall Street Journal» hat im Februar 2018 die 25 besten Quarterbacks aller Zeiten gekürt. Hier das Ranking:
Rang 25: Matt Ryan (Atlanta Falcons), 2008 bis heute, 0 Super-Bowl-Titel.
quelle: x02835 / chuck cook
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Die NFL-Saison 2018

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
halodri
22.01.2019 23:40registriert Oktober 2018
«Tom Brady ist inzwischen 41 Jahre alt, der mit Abstand älteste Quarterback der Liga»... ein Jahr älter als Drew Brees. Da liegen ja fast Dekaden dazwischen.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
JKistus
22.01.2019 22:49registriert März 2017
Ich würde ja gerne mal ein anderes Team der AFC im Super Bowl sehen. Aber Brady ist zumindest in entscheidenden Phasen immer noch überragend. Dazu noch Belichick, der es einfach schafft jeden Spieler besser zu machen. Riesen Respekt für die Arbeit in Boston, trotz den kleinen Ungereimtheiten.
00
Melden
Zum Kommentar
10
Ajoies schlauer Schachzug – es wird wegen Wohlwend keinen Absteiger geben
Olten bekennt sich mit der Verpflichtung von Christian Wohlwend zur Swiss League. Der Trainerwechsel hat einen Preis, den die Oltner gern bezahlen: Sie dürfen nicht aufsteigen. Ajoies neuer Trainer Greg Ireland kann nun sein Team am Hosentelefon zum Ligaerhalt coachen. Es wird diese Saison keinen Aufsteiger geben.

Christian Wohlwend ist in Ajoie des Amtes enthoben und durch Greg Ireland ersetzt worden. Den Lohn hätte ihm Ajoie allerdings noch bis zum Ablauf des Vertrages Ende Saison bezahlen müssen. Nun hat Christian Wohlwend in Olten einen neuen Job.

Zur Story