Gute Nachrichten für Leute, die Sport treiben: Sie sind – motorisch gesehen – im Schnitt zehn Jahre jünger als Bewegungsmuffel, die auf dem Papier gleich alt sind. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Langzeitstudie «Gesundheit zum Mitmachen», die am Dienstag vorgestellt wurde.
Die Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersuchte unter anderem Aktive und Nicht-Aktive im mittleren Erwachsenenalter. «An unseren Daten sieht man: Der 50-jährige Aktive ist so fit wie der 40-jährige Inaktive», erklärte Professor Klaus Bös, der die Studie gemeinsam mit Alexander Woll koordiniert.
Die verlangsamte Alterung ist nicht der einzige Vorteil, von dem Gesundheitssportler profitieren. Zwar leiden auch sie mit fortschreitendem Alter an diversen Zipperlein – aber sie sind deutlich seltener davon betroffen.
Dies betrifft vor allem die folgenden Leiden:
Die erwähnte Langzeitstudie sagt es mit brutaler Deutlichkeit: Wer weniger als zweieinhalb Stunden pro Woche sportlich aktiv ist, erkrankt viermal so häufig an Diabetes («Zuckerkrankheit»). Diese Zivilisationskrankheit beginnt schleichend und wird oft erst spät erkannt. Regelmässige sportliche Aktivitäten – neben einer angepassten Ernährung – können solchen Stoffwechselstörungen vorbeugen.
Während der Bewegung verbraucht der Körper nämlich verstärkt Energie – auch in der Form von Zucker, was den Blutzuckerspiegel senkt. Zudem sinkt während der körperlichen Belastung der Insulinbedarf. Mit Ausdauertraining können körperlich aktive Typ-2-Diabetiker ihren Zuckerhaushalt so stabil halten, dass sie keine Tabletten mehr schlucken müssen.
Regelmässige körperliche Aktivität hält die Arterien elastisch und senkt schon bei niedriger Intensität den Blutdruck, der wiederum einer der grossen Risikofaktoren für Herzinfarkte und Schlaganfälle ist. Sie kräftigt zudem die Herzmuskulatur. Ein kräftigeres Herz kann pro Schlag mehr Blut durch den Körper pumpen und muss daher nicht so schnell schlagen.
Dazu kommt die segensreiche Wirkung, die sportliche Betätigung auf den Cholesterinspiegel hat: Das sogenannte «schlechte» LDL-Cholesterin nimmt ab, während die Produktion des «guten» HDL-Cholesterins angeregt wird. HDL-Cholesterin nimmt schädliche Blutfette auf und transportiert sie zur Leber, wo sie abgebaut werden. Auch dies hilft dabei, Arteriosklerose vorzubeugen und das Risiko für Herzinfarkte sowie Schlaganfälle zu vermindern.
Ab dem 35. bis 40. Lebensjahr nimmt die Knochendichte langsam ab; das Osteoporose-Risiko steigt. Wer sich sportlich viel – und auf die richtige Weise – betätigt, kann dem Verlust von Knochensubstanz vorbeugen und sein Skelett bis ins hohe Alter vor Brüchen schützen. Körperliche Aktivität regt das Knochenmark dazu an, neues Gewebe zu produzieren, denn die Tätigkeit der Muskeln verformt die Knochen minim, was den Aufbauprozess in Gang setzt.
Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen allein bewirken allerdings noch keinen Schutz vor Osteoporose – vermutlich, weil sie zu «sanft» sind. Geeignet sind eher Joggen, Walken und Wandern, vor allem aber Aktivitäten, bei denen abrupte Lastwechsel auftreten: beispielsweise intensives Krafttraining – zweimal pro Woche – oder Tanzen. Für Untrainierte empfiehlt es sich, mit leichten Hüpfübungen oder Treppensteigen zu beginnen und sich langsam zu steigern.
Selbst bei Krebs kann Sport helfen – sowohl bei der Prävention wie bei der Therapie. Das Krebsrisiko ist bei sportlich aktiven Menschen 20 bis 30 Prozent niedriger. Zwar weiss man noch nicht, wie die Zusammenhänge im Detail aussehen, aber sicher ist, dass körperlich aktive Menschen ein niedrigeres Darmkrebs-Risiko haben und Frauen, die regelmässig Sport treiben, seltener an Brustkrebs erkranken.
Einer der Gründe dafür dürfte sein, dass Ausdauertraining Übergewicht verhindert oder reduziert – und Übergewicht ist auch bei Krebs ein bedeutender Risikofaktor. Besonders im Bauchfett bilden sich eine ganze Reihe von Stoffen, die mittelbar das Wachstum von Tumoren begünstigen.
Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sportliche Aktivitäten die Reparatur von Defekten in der DNA fördern. Solche Fehler in der Erbsubstanz können Krebs auslösen. Die Senkung des Blutzuckerspiegels beim Sport wiederum bremst die Vermehrung und Ausbreitung von Krebszellen. Und Adrenalin, das bei intensiver körperlicher Betätigung freigesetzt wird, mobilisiert krebsbekämpfende Immunzellen – zumindest bei Mäusen.
Mens sana in corpore sano, sagten die alten Römer: «ein gesunder Geist in einem gesunden Körper». In der Tat scheinen körperliche Aktivitäten sogar bei psychischen Leiden heilsam zu sein. Gegen eine schwere Depression kann Bewegung zwar nichts ausrichten – doch Studien haben gezeigt, dass Patienten, die an Phobien und Panikstörungen leiden, mit Ausdauersport Stress und Angst besser abbauen können. Die Gründe dafür sind bisher nicht bekannt.
Bei physischer Anstrengung produziert das Herz Botenstoffe, die nicht nur den Blutdruck senken, sondern auch körperliche Angstgefühle vermindern. Wer regelmässig trainiert, verbessert seine Fitness spürbar und kann selbstgesteckte Ziele erreichen – beides ist geeignet, das Selbstwertgefühl zu steigern.
Fazit: Sportliche Betätigung hält jung und gesund. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt denn auch mindestens zweieinhalb Stunden Sport pro Woche. Von den Teilnehmern an der Schönborner Langzeitstudie erreicht nicht einmal die Hälfte dieses Ziel. Es bleibt noch viel zu tun.
(dhr/sda/dpa)