Mit Mauro, dem Rezeptionisten mit den vielen Sex-Geschichten, der mich neulich in einer Hotelsuite gevögelt hat, ist alles in allerbester Ordnung. Der Gute ist lustig, hübsch, selbstbewusst und eloquent. Dazu ist er auch noch wunderbar im Bett.
Mauro und mich verbindet aber seit etwas über zwei Wochen mehr als nur Sex. Wir sind ziemlich schnell sehr pärlig geworden. Mit zusammen kochen, TV gucken und sonntags der Limmat entlang spazieren. Eigentlich alles sehr herzig. Und gut.
Da ist bloss eine klitzekleine Sache, die fehlt: Die Verliebtheit. Zumindest meine. So super ich Mauro finde, ich habe einfach keine Schmetterlinge im Bauch. Ausser während und kurz nach dem Sex. Nennen wir das Ding beim Namen: Es reicht so einfach nicht.
Das wird mir neulich sehr bewusst, während Mauro friedlich in meinem Bett neben mir schläft. Den Arm hat er um mich gelegt. Während er so selig daliegt, bringe ich kein Auge zu. Es ist kurz vor 9 Uhr. Ich kenne das Gefühl. Ich lag schon öfters neben einem Mann und wünschte mich nur noch weg. (Haut ihr schon in die Tasten, liebe Hobby-Psychologen?)
Ich schleiche mich vorsichtig aus dem Bett, ziehe einen Hoodie über und die erste Jeans, die ich zu fassen bekomme, putze mir rasch die Zähne, die Haare stehen in alle Richtungen ab. Dann schreibe ich Mauro einen Zettel. Ich schiebe einen Notfall vor. Er könne oben abschliessen und den Schlüssel in meinen Milchkasten tun.
Während ich ziellos durchs Quartier spaziere, frage ich mich, warum mich die Geschichte mit Mauro nicht mehr flasht. Wir hatten vor wenigen Stunden hervorragenden Sex. Während der Zigi danach tanzten wir zu Haddaway durch mein Wohnzimmer. Und er zeigte mir Youtube-Clips, die mich nicht mehr amüsieren könnten.
Die kalte November-Luft zwingt mich in die Knie. Ich suche den Bäcker meines Vetrauens auf, bestelle Kaffee und gönne mir anlässlich des Liebesfrusts zwei Schoggi-Gipfeli. Ich würde gerne zu Cleo duschen und ein bisschen chlönen gehen. Die ist aber gerade im Ausland.
Also gut, Smartphone. Bloss: Der Akku ist gleich alle. Ich könnte in irgendeinen Club im Kreis 5. Da sehen alle mindestens so versifft aus wie ich gerade. Hab aber keine Lust. Also spaziere ich weiter. Ich treffe auf Alkohol-Opfer, knutschende Neo-Paare, Hündeler und Outdoor-Freaks auf dem Weg auf irgendwelche Bergspitzen.
Oh. Ich könnte Suff-SMS-Sandro schreiben.
Nein, besser nicht.
Dieses ganze Liebes-Wirrwarr ist anstrengend.
Mauro muss um 12 Uhr arbeiten gehen. Um 12.15 Uhr wiege ich mich in Sicherheit und freue mich sehr auf mein Bett, mein Sofa, meine Badewanne. Daheim angekommen merke ich, dass Mauro den Schlüssel nicht in den Milchkasten, sondern in den Briefkasten geschmissen hat. Wo er nun so weit hinten liegt, dass ich nie im Leben rankomme. Nicht mal mit einem kleinen Ast. Was ich über eine geschlagene Stunde ausprobiere.
Mein Ersatzschlüssel ist bei Cleo. Cleo ist noch eine ganze Woche im Ausland.
Scheisse.
Mega Scheisse.
Mit den letzten sechs Prozent Akku rufe ich den Schlüsseldienst an. Der frühestens in 1,5 Stunden kommen kann.
Zwei Stunden und 15 Minuten später weiss ich, was der Schlüsseldienst mit «frühestens» wirklich gemeint hat. Durchfroren, erschöpft und massiv schlecht gelaunt – und wütend auf Amor – liege ich endlich in meiner warmen Badewanne und tue mir leid.
Warum ich das hier alles erzähle?
Weil mir ja gerne vorgeworfen wird, ich habe keine Gefühle. Ich habe sehr wohl Gefühle. Les voilà! Und wäre das nicht alles schon mühsam-traurig-frustrierend und fies genug, habe ich jetzt auch noch keinen Sex mehr.
Womit wir wieder zurück bei Suff-SMS-Sandro wären.
Ich brauche eine Pause.
Binge-Watching. Aktuell «Transparent».
I'm out.
Adieu,
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch