Meine Waxing-Tante ist laut, schrill und sehr redselig. Manchmal ist die seelische Anstrengung, die sie mir abfordert, schlimmer als die körperlichen Strapazen, die sie mir zufügt. Wer Brazil-Waxing kennt, weiss was das heisst.
Als ich das letzte Mal auf Tamis Schragen liege, platzts es aus ihr raus. Ob ich immer noch Single sei? Und dass so ein «nettes Madl» wie ich schon längst «unter die Haub» gehört. Ich verrate ihr, dass zurzeit ziemliche Männerflaute in meinem Leben herrscht. Ein Fehler.
Tami hat das Ticket zu meinem Glück, ist sie sich sicher. Ihr Bruder Kaspar sei mein Mister Right. Dass ihr das nicht schon viel früher einfiel. «Ganz schön deppert von mir!» – Kaspar habe einen super Job, sehe super aus, habe super Manieren, einen super Charakter. Wenn man Tami zuhört, ist Kaspar die menschgewordene Superlative.
Kaspar und ich treffen uns an einem Freitagabend in einer Weinbar. Den Dresscode gibt er mir zwei Tage im Voraus bekannt: elegante Abendrobe. Besitz ich nicht. Den Geldbeutel könne ich aber Zuhause lassen. Da sei er ganz Gentleman. Geld sei sowieso kein Thema, wenn es um Frauen geht. Ich würde die Aktion gerne jetzt schon abblasen. Aber das kann ich Tami nicht antun. Und wer A sagt, ..…! Leider.
Als ich die Weinbar betrete, steht Kaspar grinsend an der Bar. Im Anzug. Immerhin hat er kein Seidentüechli im Poschettli. Ich will weg. Ich habe nicht per se etwas gegen Männer in Anzügen. Sie sind einfach nicht meins. Und ich nicht ihres.
Bevor ich sagen kann, was ich trinken will, hat Kaspar schon eine Flasche bestellt. Die teuerste. Mir schmeckt der Wein nicht. Das fällt Kaspar aber nicht auf. Zu sehr ist er mit sich selber beschäftigt. Das hier ist nämlich eine One-Man-Show mit mir als Zuhörerin. Er erzählt von seinem Job:
Und von seinen Hobbies: Golf, Tennis, Sonntagsfährtchen mit dem Oldtimer. Musik: «Ich spiele Piano und Gitarre.»
Ich versuche zu platzieren, dass ich am nächsten Tag früh raus muss und deswegen gehen will. Er überhört es. Wie alles, was ich sage. Ich erfahre dafür, dass er eine Eigentumswohnung in einem Zürcher Vorort hat. Da kann seine Zukünftige einziehen und Hausfrau und Mutter werden. Kaspar ist nämlich sehr für die klassische Rollenverteilung. Mütter, die arbeiten, findet er das Letzte.
Über mein babyblaues Velo lacht er abschätzig. Er hat ein Rennvelo. Und ein mega Bike. Downhill kann er eben auch. Ich steige auf und verabschiede mich knapp. Auf dem Heimweg überlege ich, was er nach zwei Stunden mit mir über mich weiss: meinen Namen, meinen Job und dass ich ein Velo habe. Die ersten zwei Infos hat er von Tami.
Ich wäge mich schon in Sicherheit – er kann das Date und mich NICHT gut gefunden haben – als mich noch am gleichen Abend folgende SMS erreicht:
Ich lass mich aufs Bett fallen. Antworten mag ich nicht. Viel mehr sehne ich mich nach einer Art Neutralisierung. Ich wünsche mir jetzt ein Date in der Imbissbude. Mit Döner und Dosenbier.
Wer will?
Adieu,
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch