Das Schicksal haut mir unverhofft mitten eins in die Fresse. Und zwar vorgestern um 15.24 Uhr auf der Strasse. Es ist ein Suff-SMS-Sandro-Bro, der mich mit nur einem Sätzchen ausser Gefecht setzt. «Krass gäll, dä Sandro?», sagt er. Ich schaue ihn fragend an. «Jetzt hät's dä voll gnoo. En umgekehrte Händsche siit er d Vanessa hät. Wer hettis dänkt!?»
Also ich ganz sicher nicht.
Und wer um alles in der Welt ist Vanessa und was für ein scheiss Name ist das eigentlich!?
(Pardon an alle Vanessas. Euer Name ist natürlich toll. Ich hätte in dieser Sekunde jeden Namen gehasst. Sogar meinen eigenen, wäre sie ironischerweise auch noch meine Namensvetterin.)
Ich mache gute Miene zum Teufelsspiel und stammle dann aber schnell was von ich müsse los, ich sei sowieso schon zu spät. Bla Bla.
Ich verstecke mich hinter der nächsten Strassenecke, zünde eine Zigi an und drehe erst mal Damien Rice auf, der mir lauthals direkt ins Hirn singt. Ich warte auf meine Tränen. Wenn schon Liebeselend, dann bitte richtig.
Ich warte. Und warte. Und warte.
Keine Tränen.
Da ist viel eher Wut. Auf Vanessa. Wie kann es sein, dass da irgendeine daherkommt, die Suff-SMS-Sandro so umhaut, dass er das Wort «Freundin» vor seinen Bros in den Mund nimmt? Kuh! Aber will ich mit ihr tauschen? Suff-SMS-Sandro kann vieles. Monogamie gehört nicht dazu. Ausserdem ist er wahnsinnig kompliziert, besserwisserisch und 24/7 fordernd.
Eigentlich ist Vanessa vielleicht sogar das Beste, das mir passieren konnte.
(Hallo Gefühlsachterbahn, schön/gar nicht schön bist du da.)
Ich zünde die nächste Zigi an. Und spule die letzten Jahre zurück. Suff-SMS-Sandro war immer da, wenn ich Single war. Wir hatten jahrelang grandiosen Sex. Wir verstanden uns, mann, wie das nervt, auch ausserhalb des Bettes enorm gut. Alle dachten immer, dass wir heiraten.
Nur er und ich wussten irgendwie immer, dass das zwischen und zwar was Grosses ist. Dennoch aber kleiner als Liebe. Also haben wir vor ein paar Wochen Schluss gemacht. Per Post-it-Vertrag.
Mein romantisches Ich hat natürlich dennoch klammheimlich auf ein Happy End gehofft (Fuck you, Hollywood). Wir hatten nämlich die Abmachung, dass wir uns melden, wenn sich im Herz was tut. Nun; wir haben uns beide nicht gemeldet. Das war mal easy, mal scheisse – aus Egogründen. Liebes-Shit halt, kennt man ja.
Ich habe mir aber keine Sekunde Gedanken darüber gemacht, dass da tatsächlich eine Frau auftauchen könnte, die den Zappel-Suff-SMS-Sandro zähmt. And then came Vanessa! Hallo, neue Realität.
Ich warte immer noch auf die Tränen, die nicht kommen. Also wechsle ich von Damien zu den Fantas. Aus «Sie ist weg» macht mein Kopf «Er ist weg». Jetzt finde ich das ganze Schlamassel sogar noch lustig.
Da das Ding zwischen uns nun sowieso passé ist, kann ich mich ja jetzt auch melden.
«Vanessa also? Schau, ich freue mich für dich. Und dann auch wieder nicht. Mehrheitlich aber schon. Ich hoffe, Vanessa ist super. Sei nett zu ihr. Texte sie nicht ständig voll. Deine Meinung ist nicht per se die richtige. PS: Der Spruch von wegen, du hast die geilsten Brüste von Zürich gehört mir. Schenk ihr einen anderen. Einen romantischeren, ja!? In Love (platonisch, logisch), Emma»
Suff-SMS-Sandro antwortet postwendend. «Scheisse, du bist mir zuvor gekommen, ich wollte es dir sagen. Fand's aber irgendwie hohl. Bin doch selber überrumpelt. Vanessa ist toll. Deine Brüste werden dennoch immer die Sieger-Titten dieser Stadt sein.»
So, jetzt aber. Tränen. Los!
Nichts passiert. Ich lese die Nachrichten mehrmals. Und rauche Kette. Ich lächle. Natürlich tut's im Herz biz weh. Das Ego? Schreit vor Schmerz. Aber Ego hat selten wirklich was mit Liebe zu tun.
Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann war es in den letzten paar Wochen sehr cool und aufregend, andere Männer zu treffen und keinen Suff-SMS-Sandro für jeden Fall zu haben.
Sollten wir trotz allem füreinander geschaffen sein, dann können wir immer noch unseren Lebensabend zusammen verbringen. So eine grosse Senioren-Liebe stelle ich mir sowieso wahnsinnig aufregend vor.
Bis dann sollten wir beide unsere Sturm- und Drangzeit wirklich hinter uns gelassen haben. Falls nicht, dann rauchen wir einfach Gras auf der Veranda und fummeln im Speisesaal unter den Tischen.
So long ... , bis in 40 Jahren, Lieblings-Suff-SMS-Sandro,
deine Emma