Was haben die Fastfood-Kette Burger King, der Kleiderriese C&A, und der Autohersteller Nissan gemeinsam? Genau: Sie verdienen ihr Geld grösstenteils im Ausland, lenken ihre Aktivitäten aber von einem (regionalen) Hauptsitz in der Schweiz. Natürlich dachten die Konzernverantwortlichen bei der Wahl des Standortes an die gute Schweizer Infrastruktur, die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitnehmer und die Rechtssicherheit. Mindestens so wichtig war ihnen aber etwas anderes: die Steuerprivilegien für multinationale Unternehmen.
Burger King, C&A und Nissan bezahlen zwar wie alle anderen Schweizer Firmen die reguläre Bundessteuer. In den Kantonen jedoch werden sie derzeit auf Rosen gebettet: Auf Gewinnen, die sie im Ausland erwirtschaftet haben, zahlen sie deutlich tiefere kantonale Steuersätze als auf Erträgen aus dem Inlandgeschäft. Die Verlagerung des Hauptsitzes in die Schweiz bringt deshalb massive Einsparungen mit sich. Ein Win-win-Geschäft für beide Seiten: Der Bund nimmt heute rund die Hälfte, die Kantone etwa 20 Prozent ihrer Unternehmenssteuern von international ausgerichteten Holding- und Verwaltungsgesellschaften ein. Damit ist aber bald Schluss.
Die EU, aber auch die USA machen seit langem Druck auf Länder wie die Schweiz oder Irland, ihre verpönten Steuerprivilegien abzuschaffen. Firmen wie Starbucks, Apple und Co. sollen ihre Gewinne künftig nicht mehr durch geschickte Verlagerung ins Ausland am heimischen Steueramt vorbeischleusen können.
Die Schweiz hat sich bereits verpflichtet, den kantonalen Sonderstatus für international tätige Gesellschaften abzuschaffen.
Jetzt lautet die Frage: Wie lässt sich verhindern, dass die multinationalen Firmen ihre Hauptsitze ins Ausland verlegen? Wie rettet man das helvetische Steuerparadies? Die Antwort heisst Unternehmenssteuerreform III – im Bundeshaus auch bekannt unter der kryptischen Abkürzung USR III.
Morgen Mittwoch berät nach dem Ständerat der Nationalrat erstmals über die USR III. Im Grundsatz sind sich links und rechts einig: Damit die Schweiz international nicht in Verruf gerät, müssen die Privilegien für ausländische Firmen verschwinden. Im Gegenzug sollen die Kantone ihre Gewinnsteuersätze generell senken – also nicht nur für ausländische, sondern auch für inländische Unternehmen.
Firmen mit hohen Forschungsausgaben sollen Einnahmen aus Patenten künftig nur noch zum Teil versteuern müssen und ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung von den Steuern abziehen dürfen. Beispiele sind Pharmakonzerne wie Novartis und Roche.
Geht der Plan auf, kann die Schweiz ihre Standortattraktivität erhalten und gleichzeitig die internationalen Standards respektieren. Damit die Kantone die Hauptlast der Reform nicht alleine tragen müssen, soll der Bund künftig statt 17 über 20 Prozent aus den Einnahmen der Bundessteuer an sie überweisen.
Umstritten ist, wie viel die Reform kosten darf: Die SP will die Ersatzmassnahmen auf maximal 500 Millionen Franken pro Jahr beschränken. Die bürgerlichen Parteien peilen über eine Milliarde Franken an. Sie fordern weitere, kostspielige Steuersenkungen, die bei Bund und Kantonen erhebliche Einnahmenausfälle zur Folge hätten: Die vorberatende Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrates beharrte diesen Februar auf der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital (Ausfälle von 230 Millionen Franken), einem Zinsabzug auf überschüssigem Eigenkapital (bis zu 620 Millionen Franken) sowie der privilegierten Besteuerung der Einnahmen von Schifffahrtsgesellschaften (5 Millionen Franken).
Die SP will eine Unternehmenssteuerreform von solchem Ausmass nicht akzeptieren und droht mit dem Referendum, sollten die Kosten für den Bund eine halbe Milliarde überschreiten. Sie kritisiert, «die rechten Parteien» hätten aus der USR III einen Selbstbedienungsladen für Steuergeschenke gemacht. Da der Bund schon jetzt an allen Ecken und Enden Ausgaben kürzen müsse, seien weitere Ausfälle unverantwortlich.
FDP und SVP lassen sich vom Säbelrasseln der Sozialdemokraten bislang nicht beeindrucken. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (ZG) sagt im Interview mit der «Nordwestschweiz»: «Wenn wir keine Reform machen, wäre der Schaden viel grösser. Ohne Ersatzmassnahmen würden Firmen wegziehen, Arbeitsplätze gingen verloren. Die Schweiz würde mehrere Milliarden an Steuersubstrat verlieren.»