Die Deutschen glaubten, Jack Churchill sei mit dem britischen Premierminister Winston Churchill verwandt. Dem war nicht so. Aber er mochte Geschichte ebenso wie sein Namensvetter. Und er liebte Tiere. Selbst Insekten fanden Platz in Jacks grossräumigem Herzen.
Mit zwanzig schloss er sich dem Manchester Regiment an, er lernte Dudelsack spielen und wurde richtig gut darin. Doch der Friede zwang ihn in ein Leben in der Kaserne – ein zu langweiliges Leben für den Mann, den alle bald nur noch «Mad Jack» rufen.
Er verlässt die Armee und geht auf eine grosse Europatour, wo er in «A Yank at Oxford» und «The Thief of Bagdad» als dudelsackspielender und bogenschiessender Komparse auftritt.
1939 nimmt Jack als Bogenschütze an der Weltmeisterschaft teil. Doch der Krieg führt ihn zurück in die soldatischen Reihen, er wird in Frankreich stationiert und schiesst an der Maginot-Linie seine Pfeile auf deutsche Patrouillen ab. In aller Stille bringen sie dem Feind den Tod, rund 180 Meter entfernt fallen die Getroffenen zu Boden.
Am 27. Dezember 1941 legt das Landungsboot an der Küste der norwegischen Insel Vågsøya an. Der Kommandant steht ganz vorn und bläst den Nazis den «March of the Cameron Men». Die silbernen Knöpfe seiner Uniform glänzen, sicher hat er sie davor noch poliert. Bewaffnet ist Jack mit Langbogen und einem Claymore, dem schottischen Breitschwert.
Er wirft eine Granate auf die Deutschen und stürzt sich mit erhobenem Schwert lauthals brüllend ins Gefecht, seine Männer stürmen ihrem wilden Führer hintendrein, der bald darauf verwundet wird.
Es schien der Angriff eines Irren zu sein. Und vielleicht war Jack auch verrückt. Doch seinen Männern vermochte er das Gefühl der Unbesiegbarkeit geben.
Bei seinem Einsatz auf der kroatischen Adriainsel Brač wird er abermals gefangen genommen. Nach nur 48 Stunden in den Händen der Wehrmacht schreibt er dem deutschen Befehlshaber: «Sie haben uns gut behandelt. Sollten Sie nach dem Krieg je in England oder Schottland sein, kommen Sie bei meiner Frau und mir zum Dinner vorbei.»
Darunter setzt Jack seine Telefonnummer.
Die Zeilen retteten dem Empfänger das Leben. Hans Thornerr blieb vom jugoslawischen Erschiessungskommando verschont. Ein Kriegsverbrecher bekommt keine solchen Briefe.
Auch aus diesem Lager kann sich Jack irgendwie befreien. Doch als er sich in Indien auf die Invasion Japans vorbereitet, endet der Krieg. Allzu früh für den dudelsackspielenden Oberstleutnant, der doch so gern in der Schlacht fallen wollte. Bedeckt mit dem Union Jack sollte man ihn zur letzten Ruhe betten.
Mad Jack überlebt auch seinen Einsatz in Jerusalem 1948. Als ein Konvoi jüdischer Ärzte in einen Hinterhalt gerät, wartet er nicht auf Verstärkung. Er geht den arabischen Angreifern entgegen, lächelnd, mit seinem Gehstock in der Hand.
Das Alter stimmt auch Mad Jack allmählich friedlich. Er findet eine Frau, die ihm zwei Söhne schenkt, und gemeinsam fahren sie mit seinen eigenhändig wieder aufgemotzten Dampfschiffen der Themse entlang. Er baut auch ferngesteuerte Modellboote, die er gewinnbringend verkauft.
Und ab und an, wenn der alte Jack mit dem Zug von London nach Hause fährt, schmeisst er unverhofft seinen Koffer aus dem Fenster. Wenn die Leute ihn dann ganz entsetzt anschauen, lächelt der alte Jack in sich hinein. Denn die Leute wissen nicht, dass der Koffer in seinem eigenen Garten gelandet ist.