Von Zorn erfüllt soll der römische Kaiser Caligula (12–41) diesen Satz gebrüllt haben, als der Pöbel statt seiner geliebten «Grünen» eine andere Zirkus-Partei beim Wagenrennen anfeuerte. Im Grunde aber kann er nicht ernstlich gehofft haben, dass sein Fluch tatsächlich in Erfüllung gehe. Es hätte ihm doch den ganzen Spass geraubt, all die schönen Hinrichtungen wären so auf nur eine einzige zusammengeschrumpft!
Was bekommen wir nicht alles von diesen schamlosen Kaisern zu hören. Sicherlich reihen sich die römischen Geschichtsschreiber unter die unverfrorensten Anekdoten-Erzähler. Sie frönten der Parteilichkeit, dramatisierten gern ins Unermessliche und hauten dann mit ihrer Moralkeule alles zuchtlos Scheinende kurz und klein. Dichtung und Wahrheit, Gerüchte und Fakten liefen allesamt zu einem riesigen, unterhaltsamen Sumpf zusammen, aus dem sich dann, ganz verdreckt und klebrig, die ersten römischen Kaiser erhoben.
Einer dieser antiken Schreiberlinge war Gaius Suetonius Tranquillus, kurz Sueton genannt. Seine Kaiserviten («De vita Caesarum») entstanden im Jahr 120, also rund 80 Jahre nach dem Tod Caligulas, um den es hier gehen soll.
Sueton schöpfte gierig aus jenem Sumpf, als er sich des dritten Caesars annahm, den Rom bekam – und so ordentlich hasste wie keinen davor ...
Dabei war Caligulas Vater Germanicus so beliebt gewesen, dass er regelmässig in Lebensgefahr geriet, wenn er von seinen siegreichen Feldzügen heimkehrte und vom Überschwang des Pöbels schier totgedrückt wurde. Caligula war anders. Kein gefeierter Kriegsheld, sondern ängstlich und grausam zugleich.
Als Gaius Caesar mitten im Lager zwischen Soldaten hineingeboren, wurde er im Felde beim Vater gross. Daher nannte man ihn auch Caligula, das Soldatenstiefelchen.
Weil er sich der niederen Abkunft seines Grossvaters schämte, der einer völlig unbedeutenden Familie entstammte, verkündete er, seine Mutter Agrippina sei nicht dessen Tochter, sondern die Frucht des Inzestes zwischen Kaiser Augustus und seiner Tochter Iulia.
Was daran so viel schmeichelhafter war, muss wohl für immer im Dunkeln bleiben. Was dagegen weniger im Dunkeln blieb, war Caligulas aussergewöhnlich fetter Leib, der unten auf zwei dürren Beinchen stand und oben in ein dünnes Hälschen überging, auf dem ein unansehnlicher und nur ärmlich behaarter Kopf sass. Seine Augen und Schläfen waren eingefallen und die Stirn so finster wie seine Seele.
Diesen garstigen Körper nun pflegte er mit bunt gestrickten Mänteln oder seidenen Frauengewändern zu bekleiden. Oft aber sah man ihn auch mit dem göttlichen Dreizack in der Hand und Gold im Barte einherschreiten.
Caligula sah sich als Gottheit und dieser stiftete er auch einen eigenen Tempel. Sein Ebenbild stand darin, lebensgross und in Gold erstrahlte seine Statue, der man täglich die gleichen Kleider anzog, die auch den Kaiser selbst schmückten. Geopfert wurden ihr Flamingos, Fasane, Pfauen und Perlhühner.
So selten wie die Tiere, die in seinem Namen starben, so unmöglich waren die Bauunternehmungen, die er in Auftrag gab. «Man möge einen Damm dort bauen, wo das Meer besonders tief und wild ist!», befahl er und strafte jede Verzögerung mit dem Tode.
Generell mochte er es, Menschen hinzurichten, und dies auf grausamste Weise: Er schickte ehrenwerte, aber an körperlichen Gebrechen leidende Familienväter in die Arena, um gegen ausgemergelte Tiere zu kämpfen. Andere zwang er, der Hinrichtung ihres Sohnes beizuwohnen.
Als sich einmal ein auf solch traurige Weise Gestrafter wegen Krankheit beim Kaiser entschuldigte, um nicht Zeuge der Ermordung seines eigenen Kindes werden zu müssen, schickte Caligula ihm eine Sänfte.
«Triff so, dass er fühlt, wie er stirbt!», pflegte Caligula dem Henker zu sagen. Und jedes Mal, wenn er den Hals einer Mätresse küsste, fügte er hinzu: «Dieser schöne Kopf wird fallen, sobald ich es befehle.»
Caligulas Verschwendungssucht übertraf alles vorher Dagewesene:
Seine Jachten, auf denen er am hellichten Tage seine Gelage feierte, waren am Heck mit Edelsteinen verziert und im Innern mit Bädern, Speisesälen, Säulenhallen und Obstgärten ausgestattet.
Das Geld, das durch solcherlei Befremdlichkeiten verlorenging, zauberte Caligula durch Raub und Steuererhöhungen wieder in die Staatskasse. Täglich liess er sich Neues einfallen, um das Volk auszupressen. Die neuen Gesetzte dafür liess er in so kleiner Schrift und an so einem unzugänglichen Ort anschlagen, dass niemand eine Kopie davon anfertigen konnte. Die adligen Frauen Roms wiederum zwang er, sich in seinem Bordell auf dem Palatin für ihn zu verkaufen.
Als dann seine Tochter geboren wurde, klagte Caligula, dass nicht mehr allein die schweren Lasten des Kaisertums ihn niederdrückten, sondern nun auch die eines Vaters und so nahm er Spenden für den Unterhalt des Mädchens an, in der er stolz die eigene Wildheit wiedererkannte, wenn sie beim Spielen den anderen Kindern die Augen auszukratzen versuchte.
Gezeugt hatte er dieses kleine Monster mit Caesonia, die er nicht wie all seine anderen Frauen nach wenigen Tagen wieder verstiess. Wahrscheinlich, weil sie ebenso restlos der Ausschweifung ergeben war wie er.
Drusilla war seine Lieblingsschwester, sie verführte er bereits im Knabenalter, und als sie starb, war es bei Todesstrafe verboten zu lachen – und zu baden. Die anderen zwei mochte er nicht besonders, weshalb er sie an seine Lustknaben weitergab, ihnen hernach Ehebruch und Mitwissen an einer Verschwörung gegen ihn vorwarf und sie aus Rom verbannte.
Ganz besonders aber mochte er es, die Senatoren zu demütigen. Manche dieser altehrwürdigen Männer liess er wie Sklaven nur mit einem Lendenschurz bekleidet hinter seinem Divan herumstehen, während er ass. Und jene, die er umbringen liess, rief er doch weiterhin im Senat auf, so als wären sie noch am Leben.
Um die Ritter zu erniedrigen, pflegte er bei Theatervorstellungen die Vergünstigungen früher als gewöhnlich auszuteilen, sodass sich der Pöbel auf ihre guten Plätze setzte. Den Pöbel wiederum strafte er gern damit, dass er bei Gladiatorenspielen, wenn die Hitze besonders brennend war, die Sonnendächer zurückzog und allen befahl, sitzenzubleiben.
Für seine Schamlosigkeit erfand Caligula einen eigenen griechischen Ausdruck –« Adiatrepsia». Es war seine von ihm selbst am meisten geschätzte Eigenschaft.
Seine Begeisterung für das Wagenrennen kannte ebenso wenig Grenzen wie seine Schamlosigkeit. Dies äusserte sich auch darin, dass er einen Tag vor dem Wettkampf im Zirkus der ganzen Stadt Ruhe befahl, damit sein geliebtes Pferd Inciatus (Heisssporn) gut zu schlafen vermochte. Für das Tier liess er eigens einen Palast bauen und er gab ihm Sklaven, die im Namen des Gauls üppige Gastmähler austrugen. Man munkelte gar, dass er es zum Konsul machen wollte.
Es verwundere nicht weiter, schliesst Sueton, dass «ein Mensch, der sich zu solchen Verrücktheiten und Verbrechen verstieg», bald auf die Seite geschafft wurde.
Als Caligula am 24. Januar 41 um ungefähr ein Uhr nachmittags das Theater verliess, spaltete ihm der Offizier seiner Prätorianergarde das Kinn. Der Kaiser fiel zu Boden, wo er von den übrigen Verschwörern mit dreissig Schwerthieben erledigt wurde – einige davon gingen sehr direkt in seine Schamteile.
29 Jahre alt war er und nur drei Jahre, zehn Monate und acht Tage davon sass er auf dem kaiserlichen Thron. Kein einziges Stücklein dieser Schreckenszeit sollte je wieder von einem Römer erinnert werden. Caligula wurde mitsamt seinem ganzen Andenken für alle Ewigkeit verdammt.