Mitte des 11. Jahrhunderts erdreistete sich ein gewisser Berengar von Tours, die vorherrschende Wandlungslehre in Frage zu stellen: Die christliche Welt glaubte damals fest daran, dass Gott in der Hostie präsent sei. Während der Feier der Eucharistie werde das Brot zum Leib, der Wein ins Blut Christi verwandelt.
Berengar bestritt das. Er verstand die Wesenswandlung symbolisch. Gott sei selbstverständlich nicht physisch anwesend im Brot, seine Präsenz sei rein spiritueller Natur.
«Äh ja, was sonst!», pflichten wir dem gewitzten Scholastiker bei, doch für den mittelalterlichen Menschen war die substantielle Anwesenheit Gottes im Brot keine absonderliche Vorstellung. Denn das Wirkliche, das waren für ihn die Ideen. Wirklich war nicht die einzelne Hostie, sondern allein das höchste Universale, der allgegenwärtige Gott, der in ihr erscheint. Wirklich war auch nicht das Individuum, sondern der Stand, dem es angehört. Wirklich war nicht der einzelne Priester, sondern die katholische Kirche, deren Gnadengaben er spendet.
Berengars Doktrin wurde also verdammt von den Menschen, die sich Gott sehr wohl leiblich im Brot vorstellten. Der Mann wurde zum Widerruf seiner Irrlehre gezwungen. Und so musste er erklären, dass der substantiell anwesende Leib Christi in der Hostie während der Messe von den Händen des Zelebranten zerbrochen, ausgeteilt und dann – Obacht – von den Gläubigen mit den Zähnen zerbissen werde.
Die Reformation brachte die Sache mit der Brotwerdung abermals auf den Tisch. Für die Schweizer Zwingli und Calvin war glasklar: Das Abendmahl ist ein bloss symbolischer Akt, eine Erinnerungsfeier, in der die Hostie nur den Leib Christi bedeutet.
Luther hingegen konnte sich nicht so recht entscheiden. Eigentlich neigte er zur katholischen Auslegung der Realpräsenz, doch er wollte den Papisten nicht beipflichten. Die calvinistische Version war ihm wiederum zu modern. Also erklärte er seinen sehr verwirrlichen Sonderweg:
Der Körper Christi befinde sich in den geweihten Stoffen wie das Feuer im erhitzten Eisen. Und wie Eisen und Feuer zusammen bestünden, so auch Hostie und Leib Christi.
Verstanden hat das niemand. Dafür hat Voltaire die drei verschiedenen Auslegungen in einem wunderbaren Merksatz für uns zusammengefasst:
(rof)