Eigentlich könnte sich Elon Musk zurücklehnen und die Welle von Schimpf und Schande geniessen, die über seinen Konkurrenten Volkswagen nach dem Abgas-Skandal hereinbricht. Er könnte entspannt zuschauen, wie VW mit Strafzahlungen überzogen wird und Millionen ausgibt, um manipulierte Dieselautos in die Werkstätten zurückzurufen.
Tut er aber nicht. Elektroauto-Pionier Musk schreibt lieber einen Brief. Adressiert an die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde, Mary Nichols. Unterzeichnet von ihm und 44 weiteren Unternehmern. Sie fordern: Zwingt VW nicht zu sinnlosen Rückrufaktionen! Brummt dem Konzern keine Strafen auf – setzt das Geld stattdessen sinnvoller ein!
Betroffene Autos in die Werkstätten zurückzurufen, sei gut gemeint, verfehle aber völlig die gewünschte Wirkung. Viele Besitzer würden gar nicht erst in die Garage kommen, wenn die Nachrüstung mit Einbussen bei der Leistung einhergeht, schreiben die Absender um den Tesla-Chef.
Auch Massnahmen, die zu höherem CO2-Ausstoss führen, könne die Umweltbehörde nicht befürworten. Und die viel diskutierte «AdBlue»-Lösung, also das nachträgliche Anbringen eines Harnstoff-Tanks, sei teuer und unpraktisch. Viele Fahrzeuge landeten in der Schrottpresse, bevor die bisher angedachten Nachrüstungen überhaupt umgesetzt werden können. «Eine gigantische Summe an Geld wird verschwendet», so die Kritik.
Besser wäre es, dieses Geld in zukunftsfähige Technologie zu investieren. Und die Unterzeichner des Briefs, die hauptsächlich aus dem Umfeld der erneuerbaren Energien stammen, haben auch schon eine Idee: Die kalifornische Umweltbehörde solle Volkswagen dazu bringen, in Elektroautos zu investieren.
Die Forderungen lauten: «Befreit VW von seiner Verpflichtung, betroffene Dieselfahrzeuge nachrüsten zu müssen, die bereits auf Kaliforniens Strassen unterwegs sind.» Stattdessen solle die Behörde den VW-Konzern dazu bringen, seine «zero emission vehicles», also diejenigen Autos, die gänzlich ohne Schadstoffausstoss fahren, schneller auf die Strasse zu bringen.
Diese, so der kleine Seitenhieb im Text, würden nicht nur mit «null Emissionen» fahren, sondern böten darüber hinaus «null Möglichkeit zur Manipulation». Auf teure Abgastests könnte bei diesen Fahrzeugen verzichtet werden.
Die Behörde solle von VW ein ambitioniertes Tempo bei der Markteinführung der Elektroautos verlangen. Statt blosse Strafzahlungen zu leisten, solle Volkswagen das Geld lieber zweckgebunden einsetzen – und zwar für den Ausbau von Produktionsstätten und für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Bei der Umsetzung der Massnahmen müsse VW genügend Zeit bekommen.
«Im Gegensatz zu den angedachten Strafen und Rückrufen wären diese Vorschläge ein echter Gewinn in Bezug auf die Emissionen Kaliforniens, ein grosser Gewinn für kalifornische Arbeitsplätze und eine historische Massnahme im Kampf gegen den Klimawandel», schreiben die Firmenchefs.
Gänzlich neu sei die Idee auch nicht: In den 90er-Jahren habe man den branchenweiten Manipulationsskandal bei Diesel-Trucks gelöst, indem auf Rückrufaktionen zugunsten restriktiverer Standards verzichtet wurde. «Dieser Vorschlag», schreiben die Verfasser, «tut dasselbe mit VW und bindet die Lösung an den Wandel hin zu emissionslosen Fahrzeugen.»
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