Klaus Schwab ruft einmal mehr die Reichen und Mächtigen nach Davos. Bild: EPA/KEYSTONE
«62 Reichen gehört die halbe Welt» – sind die Superreichen auch superproduktiv oder zocken sie einfach schamlos ab?
Die
neuste Studie des britischen Hilfswerkes Oxfam wirft einmal mehr die zentralste
sozialpolitische Frage der Gegenwart auf: Wie kann man der immer absurder
werdenden Ungleichheit Herr werden?
«62 Reichen gehört die halbe Welt» und «Das
oberste Prozent der Weltbevölkerung verfügt über mehr Vermögen als der Rest der
Welt zusammen»: Unter diesen knackigen Thesen fasst das britische Hilfswerk
Oxfam in einer Studie das zusammen mit der Klimaerwärmung dringendste Problem
der Menschheit des 21. Jahrhunderts zusammen: die Ungleichheit. Das wirft drei Fragen auf: Wie entsteht diese
Ungleichheit? Wie wird sie begründet? Und was kann man dagegen tun?
Drei Thesen der Ungleichheit
Wie entsteht die wachsende Ungleichheit? Der
Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman hat kürzlich in seiner Kolumne in der
«New York Times» drei mögliche Begründungen aufgelistet:
Paul Krugman, Nobelpreisträger und Kolumnist in der New York Times». Bild: Getty Images North America
Erstens: Die Superreichen sind auch
superproduktiv. Diese These ist besonders bei den neuen IT-Milliardären im
Silicon Valley populär. Sie stellt fest, dass einige wenige Menschen wie
beispielsweise Bill Gates oder Mark Zuckerberg einfach hundert oder tausend Mal
produktiver seien als gewöhnliche Menschen und deshalb auch so viel mehr
verdienen.
«Es wäre dumm zu leugnen, dass einige Menschen in der Tat viel produktiver sind als andere.»
Paul Krugman
Zweitens: Die Superreichen haben in der Regel
bloss Glück, sie befinden sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Drittens: Die Superreichen können mit ihrer
Macht das System manipulieren.
Führt mehr Ungleichheit zu mehr Wohlstand?
Krugman stellt fest, dass alle drei
Begründungen teilweise zutreffen. «Es wäre dumm zu leugnen, dass einige
Menschen in der Tat viel produktiver sind als andere. Es wäre aber ebenso dumm
zu leugnen, dass Erfolg im Geschäft nicht auch mit Glück zu tun hat.» Auch der
Machtfaktor spielt eine entscheidende Rolle.
Die entscheidende Frage ist jedoch nicht, ob
Ungleichheit moralisch vertretbar sei, sondern, was sie für Auswirkungen auf
die Volkswirtschaft hat. Hier ist die Antwort klar: «Historisch gesehen ist die
amerikanische Wirtschaft am schnellsten in den 1950er und 1960er Jahren
gewachsen. Damals gab es auch am meisten technischen Fortschritt, obwohl die
Steuersätze für die höchsten Einkommen viel höher waren und es viel weniger
Ungleichheit gab.»
Ein hungerndes Kind in Niger. Die Bevölkerung auf dem schwarzen Kontinent wird sich in den nächsten 35 Jahren verdoppeln. Bild: EPA
Die skandinavischen Länder als Beispiel
Das gilt heute noch. Trotz hoher Steuern und
relativ tiefer Ungleichheit gehören die skandinavischen Länder zu den
wohlhabendsten und haben die glücklichsten Bewohner der Welt. Die Gleichung: «Mehr Ungleichheit bedeutet mehr Wohlstand» für alle ist daher Unfug.
Mehr noch, global gesehen ist diese Gleichung
sehr gefährlich. Afrika ist der ärmste Kontinent, und ausgerechnet in Afrika
wird sich die Bevölkerung in den nächsten 35 Jahren verdoppeln. Ein Viertel der
Menschheit wird dann auf dem schwarzen Kontinent leben. Sollte es nicht
gelingen, diesen Menschen einen gerechten Teil des globalen BIP zukommen zu
lassen, dann ist das, was wir bereits heute an Flüchtlingswellen erleben, bloss
ein laues Lüftchen.