Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
So etwas hat die Schweiz wohl noch nie erlebt. Die Tessiner Privatbank BSI muss auf Anordnung der Finanzmarktaufsicht Finma ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Es handle sich «wahrscheinlich um eine Premiere», sagte Finma-Direktor Mark Branson am Dienstag. Erstmals wird ein Institut dieser Grösse und Bedeutung wegen Verstössen gegen das Geldwäschereigesetz aufgelöst.
Damit endet die Geschichte einer der ältesten Schweizer Banken, die 1873 in Lugano unter dem Namen Banca della Svizzera Italiana gegründet wurde. Wie konnte es zu diesem Skandal kommen? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Zwei gigantische Korruptionsskandale sorgen derzeit für Schlagzeilen: Manager des brasilianischen Ölkonzerns Petrobras sollen Schmiergelder bezogen und teilweise an Politiker weitergeleitet haben. Bei der Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff spielte die Affäre eine zentrale Rolle. Der zweite Fall betrifft den malaysischen Staatsfonds 1MDB. Er wurde gegründet, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes zu fördern.
In Wirklichkeit entpuppte er sich als gigantischer Selbstbedienungsladen, aus dem rund vier Milliarden US-Dollar veruntreut wurden. Zu den Profiteuren soll auch Ministerpräsident Najib Razak gehören, der den Fonds 2009 gegründet hatte. Die BSI ist in beide Affäre verwickelt, sie soll laut der Finma Gelder entgegen genommen und teilweise «gewaschen» haben. Im konkreten Fall wurden der Bank die Geschäfte mit dem Malaysia-Fonds zum Verhängnis.
Mark Branson warf der BSI am Dienstag einen überhöhten Risikoappetit und «Uneinsichtigkeit» vor. Die Geschäfte mit dem 1MDB liefen über die Filiale der Bank in Singapur. Dabei kam es zu dubiosen Transaktionen. Teilweise wurden hohe Beträge am gleichen Tag über verschiedene Konten verschoben – ein Indiz für Geldwäscherei. Die Finma habe die Bank bereits im Herbst 2013 «eindringlich» vor den Risiken dieser Geschäfte gewarnt, sagte Branson.
Das Management aber unternahm nichts. Die Geschäfte seien offensichtlich zu lukrativ gewesen, um sie abzubrechen, meinte der Finma-Chef. Deshalb griff seine Behörde zum ultimativen Mittel: Die BIS wird «abgewickelt» und der Gewinn von 95 Millionen Dollar aus dem Malaysia-Geschäft eingezogen. Die Bundesanwaltschaft hat zusätzlich ein Strafverfahren gegen die Bank eröffnet. Die Zentralbank von Singapur entzog der Tessiner Bank die Lizenz.
Die Geschäftsmodell der Bank beruhte lange auf Schwarzgeld aus Italien. Damit ist es weitgehend vorbei, deshalb suchen die Banken ihr Glück vermehrt in den Schwellenländern. Dort habe die BSI «altbekannte Fehler gemacht», schreibt die NZZ. Man habe sich von den Gewinnchancen blenden lassen und die Gefahren missachtet. Ein Angestellter, der für den Staatsfonds verantwortlich war, soll zu den Mitarbeitern mit den höchsten Salären gehört haben.
«Es wurde bei der BSI jede Regel missachtet, die es für diese Art der Geschäftstätigkeit gibt», sagte die Basler Finanzmarktprofessorin Monika Roth dem «Tages-Anzeiger». Sie glaubt nicht, dass die Liquidierung der Bank in der Branche ein Umdenken auslösen wird: «Die Gier ist immer noch gleich und das mangelnde Unrechtsbewusstsein auch.»
Obwohl die Finma bereits vor drei Jahren eine Warnung an die BSI erlassen hat, griff die Behörde erst jetzt durch. Der Verdacht steht im Raum, dass sie einen «Totalschaden» für die Kunden der BSI abwenden wollte. Denn ebenfalls am Dienstag genehmigte die Finma die Übernahme der Tessiner Bank durch die Zürcher Vermögensverwalterin EFG, unter der Bedingung, dass die BSI vollständig integriert und innerhalb von zwölf Monaten aufgelöst wird.
Damit kommt die Kundschaft ungeschoren davon und der Finanzplatz Schweiz um einen noch grösseren Reputationsschaden herum. Man erinnert sich unweigerlich an den Konkurs der kleinen Spar- und Leihkasse Thun, der 1991 weltweit für Schlagzeilen sorgte.
Im Fall Petrobras laufen sechs Finma-Verfahren gegen Finanzinstitute. Weitere Sanktionen sind absehbar. Fragen stellen sich auch nach dem Unrechtsbewusstsein der hiesigen Banker in Sachen Geldwäscherei. Die Zahl der Meldungen stieg 2015 zwar um satte 35 Prozent auf 2367 an, wie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) in seinem ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht festhielt. In Hongkong und Singapur waren es aber im Jahr davor je rund 30'000 und in Grossbritannien sogar 350'000 Meldungen.
Selbst die wirtschaftsnahe NZZ äussert in ihrem Kommentar Zweifel daran, dass die Schweizer Banken aus der Vergangenheit gelernt haben. Das «uneinsichtige» und «fahrlässige» Verhalten der BSI erwecke den Eindruck, dass einige von ihnen ihr Geld «immer noch mit dubiosen Praktiken» verdienten. Der «Tages-Anzeiger» befürchtet, dass sich «das rufschädigende Gebaren gewisser Geldhäuser» lediglich verlagert habe, «von der Beihilfe zur Steuerumgehung hin zur Geldwäsche».